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Zurich Film Festival weiterhin auf Expansionskurs

Keystone

Das Zurich Film Festival befindet sich im Senkrechtstart: Der Filmevent, der am 25. September zum vierten Mal eröffnet wird, ist erneut gewachsen und wartet auch dieses Jahr mit verschiedenen Berühmtheiten auf.

Während etwa das Internationale Filmfestival von Locarno immer wieder Mühe bekundet, Stars und Sternchen ins Tessin zu locken – die gross angekündigte amerikanische Schauspielerin Anjelica Houston sagte ihren diesjährigen Auftritt kurzfristig ab – scheint dies den Organisatoren des Zurich Film Festivals einfacher von der Hand zu gehen.

Nach Filmpromis wie Oliver Stone und Stephen Frears wird am 4. Zurich Film Festival namentlich der Hollywood-Schauspieler Sylvester Stallone auf dem roten Teppich erwartet. Der Rocky- und Rambo-Darsteller wird für sein Lebenswerk mit dem neu geschaffenen Golden Icon Award ausgezeichnet.

Anlässlich der Preisverleihung am 26. September wird eine Retrospektive gezeigt.

Stargäste

Auch der Regisseur und zweifache Oscar-Preisträger Konstantin Costa-Gavras wird voraussichtlich seinen Preis persönlich entgegen nehmen: Er erhält das Goldene Auge für sein Regie-Lebenswerk.

Costa-Gavras ist einer der renommiertesten Vertreter des engagierten politischen Films. Vor der Preisverleihung wird der Regisseur im Rahmen der Zurich Master Class über seine Regiearbeiten “Z”, “Missing” und “Betrayed” sowie über politisches Kino sprechen. Das Festival zeigt zudem eine Retrospektive mit ausgewählten Filmen des Regisseurs.

Auch in der Jury des Zurich Film Festivals sitzt ein Stargast: Der US-Schauspieler und Regisseur Peter Fonda ist Jurypräsident.

“Bester Standort”

Das Festival, das Promis und Partys zelebriert, bildet eine Ausnahme in der Schweizer Filmfestivalszene. Es scheint genau den Vorstellungen von Filmchef Nicolas Bideau zu entsprechen, der an den grossen Schweizer Filmfestivals in Locarno, Solothurn und Nyon rote Teppiche und Glamour vermisst.

Von der Filmbranche wurde dem Festival anfangs verschiedentlich vorgeworfen, es sei ein Festival der Werber und setze nicht auf Inhalt. “Es bestanden gewisse Vorurteile, weil wir nicht im Schweizer Kultur-Filz drin sind”, sagt Karl Spoerri, Co-Leiter des Festivals und künstlerischer Direktor gegenüber swissinfo. Diese Stimmen seien jedoch mittlerweile verstummt. “Wir zeigen inhaltlich ein sehr starkes Programm,” so Spoerri.

Wie lockt das junge Filmfestival die Stars nach Zürich? “Zürich ist einfach ein wahnsinnig attraktiver Standort für ein Filmfestival. Es bietet eine Top-Infrastruktur und ein Top-Nachtleben. Es kommt auch vor, dass sich hier Financiers für Filmprojekte finden”, sagt Spoerri.

Grösseres Budget, mehr Zuschauer

Das Filmfestival ist in den letzten Jahren rasant gewachsen: Der Festivalleitung steht 2008 ein Budget von 3,5 Millionen Franken zur Verfügung. Das ist rund ein Fünftel mehr als 2007.

Auch bei den Publikumszahlen konnte das Festival seit 2005 jährlich rund 10’000 Besucher dazu gewinnen.

Obwohl das Zurich Film Festival mit rund 27’000 Eintritten im Vergleich etwa zum Internationalen Filmfestival von Locarno (190’000 Besucher) eher bescheiden ausfällt, wird es von den Schweizer Festivalbetreibern als Konkurrenz wahrgenommen.

Für Missgunst hatte insbesondere die Neuverteilung der hart umkämpften Festivalgelder des Bundes gesorgt: Seit 2007 unterstützt der Bund das Zurich Film Festival mit Subventionen in der Höhe von 50’000 Franken.

Festival will hoch hinaus

Zu den Sponsoren des Zurich Film Festivals gehören namentlich die Schweizer Grossbank Credit Suisse sowie Firmen wie L’Oréal, Jobs.ch und Audi. Neue Partner sind Stadt und Kanton Zürich.

Der Anteil der öffentlichen Hand beträgt rund 8%. Hier erhoffe man sich künftig ein grösseres Engagement, sagte Ex-Model und Co-Direktorin Nadja Schildknecht.

Das Festival will hoch hinaus: “Das Festival steht noch am Anfang. Im internationalen Vergleich sind wir noch sehr klein. Unser Ziel ist es, das zu ändern”, sagt Spoerri.

Eröffnung mit RAF-Film

Im internationalen Wettbewerb des Zurich Film Festivals werden zwei Weltpremieren präsentiert: Der amerikanische Debütfilm “Boy of Pigs” von William Olsson und das Schweizer Drama “Tausend Ozeane” von Luki Frieden.

Neben den Wettbewerben wartet das Festival mit einem Rahmenprogramm auf. Ein Schwerpunkt bildet das junge Filmschaffen aus Israel. Und die Reihe “Panorama D” will Einblick in das junge deutschsprachige Filmschaffen bieten.

Das Festival startet mit dem Eröffnungsfilm “Der Baader Meinhof Komplex” über die RAF von Regisseur Uli Edel als internationale Premiere. Es ist grelles, schnelles und lautes Actionkino.

swissinfo, Corinne Buchser

Das auf Nachwuchstalente ausgerichtete Zurich Film Festival findet vom 25. September bis 5. Oktober 2008 zum vierten Mal statt. Gezeigt werden mehr als 70 Filme.

Auf dem Wettbewerbs-Programm stehen 16 Spiel- und 8 Dokumentarfilme. Erstmals gibt es für die Bereiche Spielfilme und Dokumentarfilme zwei getrennte Juries.

Die Hauptfilmpreise, die Goldenen Augen, werden im Wettbewerb in drei Kategorien vergeben:”Bester Debütspielfilm”, “Bester Nachwuchs-Spielfilm” und “Bester Nachwuchs-Dokumentarfilm”.

Insgesamt stellt der Bund 2008-2010 jährlich 2,53 Mio. Fr. für die Förderung von Filmfestivals bereit.

80% davon gehen an die drei so genannten A-Festivals:

Locarno erhält 1,35 Mio. Franken (+10%)

“Visions du Réel” in Nyon 400’000 Fr. (+20%)

Solothurner Filmtage 330’000 Fr. (unverändert)

Unterstützung erhalten fünf kleinere Festivals mit “Nachwuchshoffnungen”:

“Fantoche” Baden (75’000 Fr.)

“Fantastic Film Festival” Neuenburg (75’000 Fr.)

“Internationale Kurzfilmtage” Winterthur (50’000 Fr.)

Internationales Filmfestival Freiburg (100’000 Fr.)

“Zurich Film Festival” (50’000 Fr.)

Vier weitere kleine Festivals erhalten “Patronatsbeiträge” von je 25’000 Fr.:

“Videoex” und “Talent Screen” in Zürich

“Black Movie” in Genf

“Underground Film and Music Festival” in Lausanne

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