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“Die Mobiliar” führt eisernen Vorhang ein

Für die Versicherer, sind gewisse Autofahrer gefährlicher und teurer als andere. Keystone

Die Mobiliar-Versicherung schliesst mit Autofahrern aus Ost-Europa und dem Balkan keine Policen mehr ab.

Die meisten Auto-Versicherer haben unterschiedliche Prämien. Mobiliar verweigert jetzt den Abschluss auf Grund der Nationalität – Rassismus, meinen einige Kreise.

Die Versicherungs-Gesellschaft “Die Mobiliar” schliesst nicht mehr mit allen Autofahrern ein Autoversicherung ab: Wer aus dem Balkan oder Ost-Europa kommt, kann sich bei der Mobiliar nicht neu versichern lassen. Chancen hat nur noch, wer bereits eine andere Versicherung bei der Mobiliar hat.

Ohne Einschränkungen können nur noch Interessenten aus 28 Ländern – jenen Westeuropas, den USA, Kanada oder Australien – neu eine Autoversicherung bei der Firma abschliessen.

Diese Regelung gilt seit mindestens einem Jahr, doch erst ein Artikel im Massenblatt “Blick” vom Mittwoch brachte sie an die Öffentlichkeit.

Zu hohe Risiken ausschliessen

“Unsere Statistiken zeigen, dass 18- bis 25-jährige Neulenker aus Ost-Europa oder den Balkan-Ländern eine zwei- bis dreifach höhere Schadenbelastung aufweisen als gleichaltriger Schweizer”, erklärte Direktionsmitglied Gaspare Nadig.

Laut einem Communiqué will die Versicherung erreichen, dass sie ihre Motorfahrzeug-Prämien nicht regelmässig erhöhen muss. Bereits seit einiger Zeit gebe man bei der Autoversicherung mehr aus, als man über die Prämien einnehme, heisst es.

Noch bis im Sommer 2005 will der Versicherer seine Risiken durch diese Ausschlüsse minimieren, dann soll ein individuelles Tarifierungs-System eingeführt werden – mit mehreren Kriterien.

Kein Ausschluss bei der Konkurrenz

Bei andern grossen Autoversicherern wie “Winterthur”, “Zürich” und “Generali” gibt es keine generellen Ausschlüsse.

Laut Zürich-Sprecher Olivier Michel besteht bei der Zürich seit 1996 eine risikogerechte Tarifierung.

Mehrere Kriterien beeinflussten bei Neuabschlüssen die Prämienhöhe: Alter, Geschlecht, Fahrzeugtyp, Kanton und Nationalität.

“Es wird aber niemand wegen eines einzigen Kriteriums ausgeschlossen”, sagte Michel.

Bundesrat: Keine Diskriminierung

Die Versicherungs-Gesellschaft “Generali” schliesst zwar niemanden wegen der Nationalität aus, erhöhte aber auf den 1. August die Prämien für Autolenker aus Ost-Europa und den Balkanländern um bis zu 30%.

Zur Frage, ob dies eine Diskriminierung darstelle, hat sich im vergangenen September der Bundesrat geäussert.

In der Antwort auf eine Motion des Nationalrats Josef Zysiadis erklärte die Landesregierung, solche Abstufungen seien verhältnismässig, wenn sie sachlich begründet werden könnten.

“Balkan-Raser” als Sommer-Thema

In der Schweiz sind junge Männer, die mit PS-starken Autos rasen und Unfälle verursachen, seit diesem Sommer auch ein breites gesellschaftliches Thema.

Viele der oft tödlichen Raser-Unfälle wurden von jungen Ausländern verursacht. Einige Raser aus dem Balkan hatten gar vor laufender Kamera mit ihren Gesetzesbrüchen geprahlt. Der Ausdruck “Balkan-Raser” machte die Runde in den Medien.

Der Entscheid der Mobiliar wurde im Blick denn auch als “Jugo-Paragraf” bezeichnet.

Strafrechtler: Kein Rassimus

Bei der Frage zur Rassen-Diskriminierung stützt der Freiburger Strafrechtler Marcel Niggli die Auffassung des Bundesrates, selbst beim Nicht-Abschluss von Versicherungen. Es sei entscheidend, ob ein Versicherer sachliche Gründe für Restriktionen anführen könne, sagte er.

Konkret müsse die Firma mit statistischen Analysen belegen können, dass das Risiko bei Autofahrern aus dem Balkan oder Osteuropa für sie zu gross sei.

Die Tatsache, dass eine Autoversicherung obligatorisch ist, spielt dabei laut Niggli keine Rolle. “Solange andere Versicherer dasselbe Geschäft abschliessen, stellt dies nicht wirklich ein Problem dar”.

swissinfo und Agenturen

Die meisten Auto-Versicherer berechnen die Prämien-Höhe auf Grund mehrerer Kriterien, auch der Nationalität.

Junge Fahrer aus Balkan-Ländern und Ost-Europa gelten dabei als “schlechte Risiken”.

Seit einem Jahr weigert sich die Mobiliar-Versicherung, überhaupt neue Policen mit Fahrern aus Ost-Europa und dem Balkan abzuschliessen.

Gewisse Kreise betrachten dies als Rassismus.

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