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“Schön, dass wir uns wieder einmal sehen!”

Die Jugendlichen aus allen Teilen der Welt geniessen die Schweizer Bergwelt. ASO

Viele junge Auslandschweizerinnen und -schweizer nehmen an den Jugendcamps der Auslandschweizerorganisation (ASO) teil. swissinfo.ch hat vor dem Start zum Internationalen Jahr der Jugend ein Camp in La Punt im Engadin besucht.

Die Jugendlichen geniessen die gemeinsamen sportlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten im Engadin. Die Frage aber, ob sie gerne in der Schweiz leben würden, beantworten sie recht unterschiedlich. “Ja, vielleicht eines Tages, in der Zukunft. Aber nicht jetzt, ich muss erst die Welt sehen”, heisst es da etwa.

Sabrina ist die Schweiz zu klein, zu ruhig und im Vergleich zu ihrem Wohnort Hongkong zu wenig interessant. “Aber ich komme gern jedes Jahr hierher.”

Andreas empfindet die Schweiz als sehr reglementiert. “Mexiko ist mehr crazy.” Er kann sich nicht vorstellen, ganz in der Schweiz zu leben.

Christian hingegen ist dabei, in die Schweiz zu übersiedeln. “Ich bin sehr gerne zurück gekommen, wäre aber auch in Neuseeland geblieben.”

In der Schweiz zu studieren, können sich indes die meisten vorstellen. Hier als Erwachsener zu leben auch: “Wenn man jung ist, braucht man schon interessantere Dinge. Wenn man älter ist, ist es ganz schön, in der ruhigen Schweiz zu leben.”

Die Gruppe der 14- bis 19-Jährigen, die sich an diesem regnerischen Tag bei kühlem Wetter zum Gespräch trifft, ist bunt gemischt. Die Jugendlichen kommen aus Südafrika, Ghana, Mexiko, Hongkong, England, Frankreich, den USA und Neuseeland. Einige kennen sich bereits von früheren Sommercamps.

Und Lidia und Sabrina sind in Südafrika zusammen zur Schule gegangen. “Aber Sabrina lebt jetzt in Hongkong. Es ist schön, dass wir uns wieder einmal sehen!”, freut sich Lidia.

Privilegien

Die Gruppe ist sich einig, dass es der Schweiz sehr gut geht. Das sei so, weil es hier genügend Geld gebe, weil alles gut organisiert und pünktlich sei und die Menschen freundlich seien.

“Es gibt hier auch kaum Kriminalität, jedenfalls nicht so krasse wie zum Beispiel in Mexiko”, meint Sven.

Die Jugendlichen sind sich bewusst, dass sie in privilegierten Situationen leben: “Wir kommen aus der ganzen Welt in ein Sommercamp. Wir können uns leisten, ein Flugticket zu kaufen, um hierher zu kommen”, so der Tenor.

“Ja, wir haben es gut. In Ghana gibt es so viele Menschen, die weder Haus noch Geld besitzen. Dafür, dass es mir besser geht, bin ich dankbar”, sagt die 19-jährige Bella, die bald von Ghana nach Grossbritannien zieht.

“Ich bin froh, dass ich schon als junger Mensch die Welt sehen, andere Menschen und andere Kulturen kennenlernen kann”, sagt Oliver, der bis vor kurzem in den USA lebte und nun in die Schweiz zieht.

Privilegien könnten auch relativ sein, erklärt Sabrina: “Ich besuche in Hongkong eine internationale Schule. Bevor ich dorthin ging, dachte ich, ich sei privilegiert. Aber die anderen besitzen alle iPhones, teure Computer und werden von Chauffeuren zur Schule gefahren. Da gehöre ich nicht dazu.”

In der Welt zu Hause

Allen Gruppenmitgliedern ist wichtig, unterschiedliche Kulturen zu kennen. “Viele Menschen haben keine Ahnung, wie das Leben in anderen Ländern ist. So haben mich Amerikaner einmal gefragt, ob ich afrikanisch spreche”, erinnert sich Lidia aus Südafrika.

Christians Beispiel: “Bevor ich in die USA zog, lebte ich viereinhalb Jahre in Kanada. Die meisten meiner neuen Freunde dachten, ich hätte dort in einem Iglu gelebt und sei auf einem Eisbären zur Schule geritten.”

Aber auch die Leute in der Schweiz wüssten meist nur, was das Fernsehen zeige, ist Sven überzeugt. “Die normalen Sachen werden nicht im Fernsehen gezeigt. Man sieht nur das Aussergewöhnliche wie Kämpfe, Kriege und Katastrophen.”

In Kontakt bleiben

Nach dem Sommercamp zerstreut sich die Gruppe wieder in alle Welt. In La Punt haben sich Freundschaften gebildet, die gerne auch über Tausende Kilometer Distanz gepflegt werden.

Das Verbindungsmittel heisst Facebook. “Das ist cool, jeder hat einen Account. So verlieren wir den Kontakt nicht”, sagt Andreas. Und Christian meint: “E-Mails checkt heute fast keiner mehr. Wir haben eigentlich nur noch eine E-Mail-Adresse, damit wir einen Facebook-Account eröffnen können.”

Die Jugendlichen sind sich bewusst, dass der Umgang mit dieser modernen Kommunikationsplattform auch Gefahren birgt, da Facebook die Privatsphäre nicht immer wahrt.

“Ich nehme nur Leute, die ich kenne, als Freunde an und gebe keine Details bekannt, schon gar nicht meine Telefonnummer”, erklärt Lidia ihre Sicherheitsphilosophie.

Und auch Sabrina passt auf. “Aber es ist schön, Kontakt zu halten zu Chinesen und zu meinen Freunden in Afrika.”

Bis zu ihrer Abreise aus der Schweiz jedoch geniessen die jungen Leute ihr Zusammensein – ohne Facebook.

Etienne Strebel, La Punt, swissinfo.ch

Im Dezember 2009 haben die Vereinten Nationen das Internationale Jahr der Jugend proklamiert, das am 12. August 2010 beginnt.

Unter dem Motto “Dialog und Gegenseitiges Verständnis” zielt das Jahr darauf ab, den Dialog unter den Generationen zu bestärken und die Ideale von Frieden, Respekt vor den Menschenrechten, Freiheit und Solidarität zu fördern.

Der Internationale Tag der Jugend wurde am 12. August 1999 von der Uno-Generalversammlung ins Leben gerufen.

Er soll weltweit auf die Bedürfnisse, Probleme und Träume von Jugendlichen aufmerksam machen.

Weiter soll die gegenseitige Unterstützung und Verantwortung für den anderen gestärkt und die Zukunft von jungen Menschen zu einem internationalen Anliegen gemacht werden.

Mit Ausbildungs- und Ferienangeboten bietet der Jugenddienst der Auslandschweizer-Organisation ASO jungen, im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizern die Möglichkeit, ihre Heimat kennenzulernen.

Ziel: Die Beziehungen der Auslandschweizerinnen und -schweizer unter sich und zur Schweiz fördern und verstärken. Vermittelt werden Aktuelles und Wissenswertes zu Kultur, Geografie, Geschichte, Politik und Gesellschaft der Schweiz.

Für viele Teilnehmende ist das eine gute Gelegenheit, die eigenen Wurzeln besser kennenzulernen.

In den Sportcamps werden zum Beispiel Hiking/Klettern, Gletscherwanderungen, Wasser- und Ballsport wie Fussball, Basketball, Volleyball oder Velotouren, Mountainbike-Touren, oder Tennis angeboten.

Weiter werden gemeinnützige Projekte angeboten, etwa eine Woche in einer Berggemeinde zu arbeiten.

Im Angebot stehen auch Aufenthalte bei Schweizer Gastfamilien, Sprachkurse, oder die Teilnahme an der Eidgenössischen Jugendsession.

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