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1760: Anonyme Spielverderber

400 Jahre lang erfreute sich Tell ungebrochener Beliebtheit: Volk und Aristokratie sahen in ihm – zusammen mit dem Rütlischwur – das Symbol der Unabhängigkeit, einen Freiheitshelden, der dem Feind unerschrocken die Stirn bot: dem österreichischen Kaiser.

Doch Mitte des 18. Jahrhunderts erhielt diese Harmonie einen empfindlichen Dämpfer: Von den aufklärerischen Idealen beseelte Autoren, die ihren Namen nicht preisgaben, veröffentlichten in Bern auf Deutsch und Französisch ein Büchlein mit dem Titel “Wilhelm Tell, eine dänische Fabel”. Dahinter steckten zwei bedeutende Gelehrte der schweizerischen Aufklärung, die Brüder Gottlieb Emanuel und Albert von Haller. Der Skandal war perfekt, obschon die Tatsache an sich in gebildeten Kreisen durchaus bekannt war.

Dieser Zweifel an der Existenz Wilhelm Tells war für das historische Bewusstsein ein schwerer Schlag. Das Buch der Berner wurde auf dem Hauptplatz von Altdorf, wo Tell mit seiner Armbrust gestanden hatte, sogar öffentlich verbrannt.

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