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Vollgeld-Initiative scheint vom Tisch

Plakat Vollgeld-Initiative Nein
Der Vollgeld-Initiative weht ein steifer Wind entgegen: 54% würden gemäss der jüngsten Umfrage das Volksbegehren ablehnen. Keystone

Die Schweizer Banken können bereits aufatmen: Für die Vollgeld-Initiative, die das schweizerische Geldsystem radikal umkrempeln will, sieht es klar nach einer Ablehnung an der Urne aus. Gemäss der zweiten Welle der SRG SSR Trendbefragung durch das Institut gfs.bern sollte das neue Geldspielgesetz angenommen werden.

Wäre am 20. Mai abgestimmt worden, wäre die Volksinitiative “Für krisensicheres Geld: Geldschöpfung allein durch die Nationalbank! (Vollgeld-Initiative)”Externer Link abgelehnt worden, während das Bundesgesetz über Geldspiele (Geldspielgesetz)Externer Link angenommen worden wäre. Das zeigen die heute publizierten Resultate der vom Forschungsinstitut gfs.bernExterner Link für die SRG SSR durchgeführten Trendbefragung.

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Anders gesagt, das Schweizer Stimmvolk wäre bei beiden Vorlagen, die am 10. Juni 2018 an die Urnen kommen, der Position von Bundesrat (Landesregierung) und Parlament gefolgt.

Die Rechnung ist gemacht

Dass die Vollgeld-Initiative abgelehnt wird, bezweifeln die Politologinnen und Politologen von gfs.bern kaum. Gegenüber der ersten Umfrage vom April konnten die Gegner der Initiative, die fordert, dass nur die Nationalbank sowohl Bargeld als auch Buchgeld herausgeben darf, um fünf Prozentpunkte zulegen. In der gleichen Zeit schrumpfte das Lager der Befürworter um einen Prozentpunkt.

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Video der Bundesbehörden

Mit 54% Nein-Anteil verfügen die Gegner damit über eine absolute Mehrheit. Und auch wenn die 12% Unentschlossenen alle ein Ja einlegen würden, könnte das Resultat nicht mehr beeinflusst werden.

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Anders als in der ersten Umfrage, in der sich in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz die Befürworter der Initiative durchzusetzen schienen, sind die Gegner nun in allen Sprachregionen des Landes im Vorteil.

Auch wenn sie sich in der französischsprachigen Westschweiz mit 41% Nein und 40% Ja bei 19% Unentschlossenen fast die Waage halten, ist der Trend ungünstig für die Initiative.

Sympathien im rotgrünen Lager

Die von einer Gruppe von Ökonomen, Finanzexperten und Unternehmern ausgearbeitete Initiative wird von keiner politischen Partei unterstützt.

Doch unter Sympathisanten der Grünen Partei, die Stimmfreigabe beschlossen hat, geniesst das Volksbegehren relativ starken Rückhalt: 64% sprechen sich dafür aus, nur 24% dagegen (12% bleiben unentschlossen).

Auch bei Anhängern der Sozialdemokratischen Partei (SP), welche die Initiative ablehnt, ist ein höherer Ja-Anteil festzustellen. Wenn auch in geringerem Umfang: 44% Ja stehen hier 41% Nein gegenüber, bei 15% Unentschlossenen.

Unter der Wählerschaft der anderen Parteien überwiegt das Nein, wie auch bei den Parteiungebundenen.

Die Würfel sind gefallen, oder fast…

Verloren scheint auch das Referendum der Jugendsektionen der Parteien, die das neue Geldspielgesetz an die Urnen gebracht haben.

Dieses sieht neue Regelungen zum Schweizer Geldspielmarkt vor. Auch Online-Spiele wären erlaubt, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Den Schweizer Behörden würde ermöglicht, den Zugang zu allen Geldspiel-Plattformen ohne Konzession des Bundes zu sperren.

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In der zweiten Trendbefragung konnten die Befürworter ihren Anteil um sechs Prozentpunkte vergrössern und stehen nun bei 58%, während die Gegnerschaft um zwei Prozentpunkte auf 37% abgenommen hat. 5% sind noch unentschlossen.

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Der Vergleich mit den Zahlen der ersten Umfrage deutet darauf hin, dass die Würfel für eine Annahme des Geldspielgesetzes gefallen sind. Die Forschenden des Forschungsinstituts bleiben allerdings vorsichtig: Am 10. Juni sei ein Ja “wahrscheinlicher”, aber nicht absolut sicher.

Überraschung im Tessin?

Für ein Ja spricht auch, dass ein Teil des Stimmvolks nur ein einziges Argument der Gegnerseite akzeptiert: jenes der Netzsperren, der so genannten “Internet-Zensur”, die alle Jungparteien der im Parlament vertretenen Parteien anprangern, ausser jene der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP). Allein könne dieses Argument aber nicht stechen, halten die Politologen von gfs.bern fest.

Auf der anderen Seite haben die Befürworter drei starke Argumente, die verschiedene Teile des Elektorats anzusprechen scheinen: Verhinderung des Geldabflusses ins Ausland, Erhaltung des Steuersubstrats im Inland und Einflussnahme in den Meinungsbildungsprozess aus dem Ausland. Dieses letzte Argument stellt die Gegner des Gesetzes für viele in ein schlechtes Licht.

Während die erste Umfrage eine Zustimmung in allen Sprachregionen zeigte, gibt es bei der zweiten Ausgabe eine Überraschung: Im italienischsprachigen Landesteil nahm das Nein-Lager von 38 auf 61% zu und jenes der Befürworter von 62 auf 33% ab. Allerdings relativieren die Forscher das Ergebnis und erklären, dass die Stichprobe der Befragten in dieser Region zu klein sei, um feststellen zu können, ob diese kritische Position bis zum Zeitpunkt der Abstimmung beibehalten werde.

Geringe Stimmbeteiligung erwartet

Keine Überraschung hingegen gibt es bei der Aufschlüsselung nach Altersgruppen: Mit 55% Nein-Anteil verfügt die Gegnerschaft einzig in der Altersgruppe von 18 bis 29 Jahre über eine absolute Mehrheit.

Bestätigt hat sich in der zweiten Trendbefragung, was bereits die erste vorausgesagt hatte: Die Vollgeld-Initiative und das Geldspielgesetz vermögen nicht viele hinter dem Ofen hervorzulocken. Wäre am 20. Mai abgestimmt worden, hätten lediglich 40% der Stimmberechtigten am Urnengang teilgenommen.

Die Umfrage

Die 2. Welle der SRG-SSR-Trendbefragung zu den Volksabstimmungen vom 10. Juni 2018 wurde vom Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) durchgeführt, zu der auch swissinfo.ch gehört.

Befragt wurden 1411 repräsentativ ausgewählte Stimmberechtigte zwischen dem 15. und dem 23. Mai 2018. Der Fehlerbereich beträgt +/- 2,7%.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen haben die Befrager keinen Zugang zu den Koordinaten der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

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(Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

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