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Abacha-Konten: Sechs Banken haben Sorgfaltspflicht verletzt

Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) hat bei sechs von 19 Banken, die im Zusammenhang mit Geldern des verstorbenen nigerianischen Ex-Diktators Abacha untersucht wurden, teils gravierende Sorgfaltspflichts-Verletzungen festgestellt.

Dies hatte personelle und organisatorische Konsequenzen, wie die EBK am Montag (04.09.) in Bern mitteilte.

Bei sechs weiteren Banken wurden zwar ebenfalls Sorgfaltspflichts-Verletzungen und organisatorische Mängel festgestellt, doch erachtete die EBK diese als nicht derart schwer wiegend, dass sich einschneidende Massnahmen aufgedrängt hätten. Fünf Banken seien ihren Sorgfaltspflichten vollumfänglich nachgekommen.

Insgesamt sind die Banken der vom Geldwäschereigesetz vorgeschriebenen Meldepflicht nachgekommen, sobald sie Hinweise für eine möglicherweise deliktische Herkunft der Abacha-Gelder hatten, wie es weiter heisst. Ebenso seien die Gelder wie vorgeschrieben intern gesperrt worden.

Die Untersuchungen der Schweizer Bankenaufsichtsbehörde zeigen gemäss Mitteilung, dass bei der Entgegennahme von Abacha-Geldern auch andere wichtige internationale Finanzplätze betroffen sind.

Die betroffenen Banken

Die Bankenkommission führt die Insitute, die die Sorgfaltspflichten bei der Entgegennahme von Geldern des ehemaligen nigerianischen Präsidenten Sani Abacha verletzt haben, in ihrem Schlussbericht namentlich auf.

Fünf Banken sind laut dem am Montag veröffentlichten Bericht ihren Sorgfaltspflichten vollumfänglich nachgekommen. Dabei handelt es sich um die Banca del Gottardo, die Citibank N.A., Goldman Sachs & Co Bank, Merrill Lynch und UBS.

Bei weiteren sechs Banken sind Schwachstellen aufgedeckt worden. Betroffen sind die Banque Edouard Constant, die Banque Nationale de Paris (Suisse), die Banque Baring Brothers (Suisse), die J. Henry Schroder Bank, die Bank Pictet & Cie sowie die SG Rüegg Bank.

Schwerwiegende Mängel und Verletzungen der Sorgfaltspflichten müssen sich drei Institute der Credit Suisse Group (Credit Suisse, Bank Hofmann und Bank Leu) sowie die Crédit Agricole Indosuez (Suisse), die UBP Union Bancaire Privée und die M.M. Warburg Bank (Schweiz) vorwerfen lassen.

Hauri: Höchst unerfreulich

EBK-Präsident Kurt Hauri erklärte, die Tatsache allein, dass bedeutende Vermögenswerte zweifelhafter Herkunft aus dem nahen Umfeld Abachas auf Schweizer Bankkonten lagen, sei höchst unerfreulich und schade dem Ansehen des Finanzplatzes Schweiz.

Die Massnahmen der EBK und das entschlossene und kooperative Vorgehen der Schweizer Strafverfolgungs- und Rechtshilfebehörden zeigten jedoch, dass die Schweiz gewillt sei, unmisserverständlich gegen den Missbrauch des Finanzplatzes vorzugehen.

Bundesrat Villiger: Fall Abacha darf sich nicht wiederholen

Für Bundesrat Kaspar Villiger muss auf einem kompetenten und integren Finanzplatz alles daran gesetzt werden, dass sich ein Fall Abacha nicht wiederholt. Die Schweiz wolle solche Gelder nicht, und der Finanzplatz brauche sie auch nicht.

Er habe sich über die Entgegennahme der Abacha-Gelder durch Schweizer Banken “sehr geärgert”, heisst es in einem Statement des Finanzministers zum EBK-Bericht weiter. Wenn solche Fälle vorkämen, sei der Ruf-Schaden für die Schweiz gross.

Weitergehende Konsequenzen gefordert

Die Entwicklungsorganisation “Erklärung von Bern” (EvB) und die Aktion Finanzplatz Schweiz verlangen nach dem Bericht der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) zu den Abacha-Geldern weitergehende Konsequenzen. Die vorgeschlagenen Massnahmen würden der groben Fahrlässigkeit der verantwortlichen Banken nicht gerecht, heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung vom Montag.

Mit ihrem Bericht zu den Abacha-Geldern versuche die EBK den Ruf des Finanzplatzes mit einigen symbolischen Massnahmen wieder herzustellen, ohne die Rolle der Schweiz als internationale Fluchtgeldrehscheibe zu gefährden.

Rund 600 Mio. Dollar in der Schweiz blockiert

Auf Banken in der Schweiz sind zurzeit rund 600 Mio. Dollar vorsorglich blockiert, die dem Clan des verstorbenen nigerianischen Diktators Sani Abacha zugerechnet werden. Weitere 650 Mio. Dollar sind in Luxemburg gesperrt worden, über 100 Mio. Dollar sind in Liechtenstein lokalisiert.

Diese Zahlen gab der Genfer Rechtsanwalt Enrico Monfrini, der die Interessen Nigerias in Europa koordiniert, auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP bekannt.

swissinfo und Agenturen

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