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ABB bleibt in der Verlustzone

ABB Firmensitz in Zürich-Oerlikon. Keystone

Der schwedisch-schweizerische Konzern weist für das zweite Quartal 2003 einen Reinverlust von 55 Mio. Dollar aus. Bei einem Umsatz von gut 5 Mrd. Dollar.

Die ABB steht mitten in einem Restrukturierungs-Prozess, der schon Tausende Mitarbeiter den Job gekostet hat.

Der Umsatz erhöhte sich im zweiten Quartal im Vorjahresvergleich um 12% auf 5,061 Mrd. Dollar. Der Auftragseingang legte um 6% auf 4,929 Mrd. Dollar zu.

Der Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) erhöhte sich im zweiten Quartal im Vergleich zur Vorjahresperiode um 12% auf 146 Mio. Dollar, bzw. um 22 Prozent auf 198 Mio. Dollar.

Über den ganzen Konzern erhöhte sich der EBIT von 150 Mio. Dollar auf 171 Mio. Dollar. Die Marge lag minim höher bei 3,4 Prozent (Vorjahresperiode 3,3 Prozent).

ABB-Präsident und Konzernchef Jürgen Dormann sagte, dass sich das Unternehmen auf dem richtigen Weg befinde. Für das ganze Jahr hielt ABB am Ziel fest, eine Betriebsgewinnmarge von 4% zu erreichen.

Der ehemalige Vorzeigekonzern ABB steht mitten in einem umfassenden Restrukturierungs-Prozess, der bereits mehrere Tausend Mitarbeiter den Job gekostet hat.

Die Resturkturierung und die Teilverkäufe kappten die Anzahl der Mitarbeiter von über 156’000 Ende 2001 bereits auf 139’000. Mitte nächsten Jahres soll der Personalbestand noch bei 100’000 liegen.

2002 hatte ABB einen Rekordverlust von 787 Mio. Dollar erlitten. Zudem drückt den Konzern eine Schuldenlast von über 8 Mrd. Dollar.

Firmenteile und Asbest

Die meisten Analytiker hatten denn auch mit dem fünften aufeinander folgenden vierteljährlichen Verlust gerechnet. Dies vor allem, weil die Firma ihre angekündigten Verkäufe von Firmanteilen nicht im erwarteten Tempo abwickeln konnte.

Dazu kommt der Asbest-Vergleich in den USA zwischen der ABB-Tochter Combustion Engineering und den über 100’000 Klägern.

Der Vergleich sieht den Konkurs der Combustion Engineering in den USA vor. Dazu soll ABB 1,2 Mrd. Dollar an die Kläger zahlen.

Konzernchef Dormann gibt sich jedoch optimistisch. Am 10. Juli sei mit der positiven Entscheidung des US-Konkursgerichts ein “Meilenstein” erreicht worden. Die Schlussanhörung findet am Donnerstag, 31. Juli, statt.

Gelinge es, die ABB-Tochter Combustion Engineering unter US-Konkursrecht Kapitel 11 zu stellen, sei eine wichtige Voraussetzung für den Verkauf der Division Gas, Öl und Petrochemie erfüllt, sagte Dormann.

Dormann optimistisch

Generell sieht Dormann, trotz dem Reinverlust im 2. Quartal, den Konzern auf dem richtigen Kurs. Er rechnet nach den hohen Verlusten in den beiden Vorjahren für 2003 wieder mit einem Reingewinn.

“Es ist aber noch zu früh, um zu sagen, dass die Probleme vorbei sind”, räumte Dormann ein. “Wir müssen noch einige Hürden überwinden.”

Das Unternehmen stehe aber besser da als vor einem Jahr. Als Erfolg verbuchten Dormann und Finanzchef Peter Voser die operativen Ergebnisse der im Herbst 2002 neu definierten Divisionen Energietechnik und Automationstechnik.

Hoffen auf Verkaufs-Erträge

Nun hofft ABB, dass der Asbet-Vergleich auch tatsächlich zu Stande kommt. Danach hofft ABB, die Geschäftsbereiche Öl, Gas und Petrochemie veräussern zu können.

Die Bereiche Gas und Petrochemie sollen 1 Mrd. Dollar wert sein. Namen liegen bisher zwar keine vor, doch soll es drei Kauf-Interessenten geben.

Anfang Juli hatte ABB seinen Geschäftsbereich Gebäudetechnik in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland an die finnische YIT Corporation verkauft – für 233 Mio. Dollar.

Mit all den Verkäufen will ABB-CEO Jürgen Dormann die massive Schuldenlast von 8 Mrd. Dollar halbieren. Der Konzern hofft, mit dem Verkauf von Firmenteilen in diesem Jahr 2,2 Mrd. Dollar zu lösen. Im 2004 sollen weiter 1,3 Mrd. Dollar dazu kommen.

Etliche Analysten bezweifeln, dass die Absicht umgesetzt werden kann. Vielmehr glauben sie, dass die ABB-Anleger mit einer Kapitalerhöhung zur Kasse gebeten werden müssen.

Aktie im Hoch

Die Börse reagierte am Dienstag wohlwollend auf die ABB-Quartalszahlen. Die positiven operativen Ergebnisse wurden von den Marktteilnehmern höher gewichtet als der Konzernverlust und die Zunahme der Verschuldung. Die Aktie legte zeitweise über 8% zu.

Umsatz und Betriebsergebnis des zweiten Quartals – vor allem der Kerndivisionen – hatten über den Erwartungen der Analysten gelegen. Das operative Ergebnis sei herausragend, hiess es bei der Privatbank Pictet. Und dies stehe im Zentrum der Betrachtungen.

Eher negativ wurden hingegen die Ergebnisse der zu verkaufenden Bereiche Öl, Gas und Petrochemie (OGP) sowie Gebäudetechnik aufgenommen.

Wegen der schwachen OGP-Quartalszahlen dürfte auch der Verkaufspreis unter den Erwartungen liegen, hiess es bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Die ZKB rechnet mit 1,4 Mrd. US-Dollar.

Kritisch zu beurteilen sei auch die Bilanz, so Pictet, wo die kurzfristigen Schulden gegenüber März um rund 300 Mio. Dollar angestiegen sind. Die finanzielle Lage des Konzerns bleibe damit angespannt.

Informatik ausgelagert

ABB lagert auch die hausinterne Informatikabteilung aus. Neu werden die Dienstleistungen von IBM Global Services ausgeführt, wie am Montag bekannt gegeben wurde.

Der Vertrag mit IBM, der gemäss ABB ab September umgesetzt werden soll, hat einen Wert von insgesamt 1,7 Mrd. Dollar. 600 Mio. Dollar davon waren bereits früher im Rahmen von Pilotprojekten in Schweden und Indien angefallen. Mit diesen hatten ABB und IBM die nun beschlossene Zusammenarbeit getestet.

Für die beiden Projekte hatten bereits 510 Angestellte zu IBM gewechselt. Dazu kommen nun 780 weitere Angestellte. “Es wird zu keinen Entlassungen kommen”, sagte ABB-Sprecher Thomas Schmidt.

IBM übernehme die Angestellten zu vergleichbaren Bedingungen wie diese sie bei ABB gehabt hätten. Nur ein kleines Team werde schliesslich bei ABB verbleiben. Sie würden die Zusammenarbeit mit IBM überwachen und koordinieren.

Ziel der Auslagerung sei es, die Kosten weiter zu senken.

swissinfo und Agenturen

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