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Adolf Muschg soldiarisiert sich mit den Papierlosen

Die Bewegung der Papierlosen hat das Vertrauen in die Staatsgewalt verloren. Keystone

Der Schriftsteller Adolf Muschg hat am Freitag in der Berner Pauluskirche eine Liste mit 78 Namen von Papierlosen entgegengenommen. Er sprach sich vor der besetzten Kirche für eine menschliche Anwendung der Gesetze aus. In Basel setzen sich die Kirchen für eine Lösung ein.

Die Liste mit den Namen von Papierlosen des Berner Kollektivs werde einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens überreicht, weil man in der momentanen Situation nicht allzu viel Vertrauen in die Staatsgewalt habe, teilte das Kollektiv dazu mit.

Nicht eintreten will das Kollektiv auf den Vorschlag der Berner Polizei-Direktorin Dora Andres, die eine Regularisierung von früheren Saisonniers in Betracht zieht. Das Kollektiv befürchtet dadurch, dass einer Spaltung der Bewegung Vorschub geleistet würde.

Muschg: Solidarität beweisen

Adolf Muschg sagte bei der Entgegennahme der Liste, die Papierlosen seien Menschen, die versteckt leben müssten, obwohl sie nichts verbrochen hätten. Nun zeigten sie ihr Gesicht. Sie zählten auf das «Licht einer verbesserten Öffentlichkeit».

Das Verhalten der Gesellschaft gegenüber den Papierlosen sei von Unredlichkeit geprägt. Sie sollten zwar da sein, um zu arbeiten, doch gleichzeitig zwinge man sie in die Illegalität. «Sie dürfen nicht, was sie sollen», sagte Muschg.

Von der Politik forderte Muschg, dass sie ihren Spielraum anwende und nicht starr am Paragraphen klebe. Menschenrechte dürften kein Luxusgut sein. Muschg trug ein T-Shirt mit der Aufschrift «Kein Mensch ist illegal».

Sandra Modica vom Unterstützungs-Kollektiv Freiburg sagte, seit dem Ablauf der gesetzten Ausreisefrist Ende Oktober verschärfe sich die Repression. Ein Papierloser sei am Freitag festgenommen worden; er habe seit 15 Jahren in der Schweiz gearbeitet. Weiter berichtete sie von einer Ausschaffung in den Kosovo.

Engagement auch in Basel

Auch die vier öffentlich-rechtlich anerkannten Religions-Gemeinschaften Basels fordern Massnahmen zugunsten der Sans-Papiers. Die Besetzer der Kirche St. Anton werden am kommenden Dienstag erstmals mit den Basler Behörden Gespräche aufnehmen.

Die Anwesenheit der Papierlosen in kirchlichen Räumen mache auf ein lange verdrängtes Problem aufmerksam, teilte die römisch-katholische Kirche von Basel am Freitag mit. Es gebe viele abgestufte Lösungsansätze, die sich zwischen einer globalen Amnestie und der Behandlung individueller Härtefälle bewegen.

Der Appell der Religions-Gemeinschaften, sofort Massnahmen zu ergreifen, geht an die Behörden der Schweiz und der beiden Basel. Er ist von den römisch-katholischen, den evangelisch-reformierten und den christkatholischen Kirchen beider Basel sowie von der Israelitischen Gemeinde Basel unterzeichnet.

“Banquet Républicain”

Am Samstag werden der französische «Bischof der Armen» Jacques Gaillot sowie Mariam Sankara, die Witwe des 1987 ermordeten Präsidenten von Burkina Faso, die Sans-Papiers in Basel besuchen. Für ein «Banquet Républicain» mit den beiden prominenten Teilnehmern haben sich über 200 Personen angemeldet.

Die Basler Kirche St. Anton wird seit dem 20. Oktober von 15 Sans-Papiers besetzt. Im Hintergrund sind nach Auskunft eines Sprechers 15 weitere Papierlose beteiligt.

swissinfo und Agenturen

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