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Agrar-Fortschritte am WTO-Gipfel

Welthandel liberalisieren, Schweizer Bauern schützen: Widersprüche für Bundesrat Deiss. Landi

Die Schweiz sprach nach Abschluss des Treffens der WTO in China von gewissen Fortschritten, die im Agrarbereich erzielt worden seien.

Enttäuscht zeigte sich der Schweizer Handels-Botschafter Wasescha gegenüber swissinfo aber, weil es keine Fortschritte im Industrie-Bereich gab.

Der Schweizer Wirtschaftsminister Joseph Deiss, der die Delegation am WTO-Minigipfel in Dalian anführt, äusserte sich vorsichtig über die erzielten Ergebnisse.

“Die Frage ist, ob der isländische Verhandlungsleiter Kjartan Johannson in den kommenden Wochen eine Lösungen finden kann, welche die Position aller spiegelt, aber auch die Bedürfnisse der Entwicklungsländer umfasst.”

Die zweitägigen Verhandlungen in der chinesischen Hafenstadt waren ein Versuch der Welthandelsorganisation (WTO), die gescheiterte Doha-Liberalsierungs-Runde wieder auf Kurs zu bringen. Der nun erzielte Kompromiss sieht vor, dass es für die verschiedenen Länder einen abgestuften Zollabbau in verschiedenen Kategorien geben wird, wobei die Importzölle auf Agrarprodukte gesenkt würden.

Zwischenlösungen zur Überbrückung

Die WTO-Mitgliedländer wollen sich noch diesen Monat in Genf treffen, um Übergangslösungen zu beschliessen, bevor im Dezember in Hongkong wieder die Minister zusammen kommen.

“Wir sind zu Konzessionen im Landwirtschaftssektor bereit, aber nur wenn wir im Gegenzug ebenfalls etwas erhalten”, sagte Deiss dazu.

Botschafter Luzius Wasescha ist der Schweizer Chefunterhändler bei der WTO. Er erklärt gegenüber swissinfo telefonisch aus Dalian, die beiden Richtungen, welche in der WTO vorherrschen, wenn es um die Streichung von Landwirtschafts-Subventionen und Agrar-Zöllen geht.

“Es gibt die Agrar-Exporteure, welche glauben, dass sie eine radikale Liberalisierung und eine Schwächung der Schutzmassnahmen durchsetzen können. Dann gibt es Länder wie die Schweiz, Japan und die Europäische Union (EU), die ein multifunktionales Landwirtschafts-Modell verteidigen und Schritt um Schritt machen wollen.”

Die Schweiz versuche eine Balance zwischen den Forderungen der WTO und den Agrar-Reformen im Inland zu finden. “Wenn die Exporteure zu viel fordern, haben wir keine Unterstützung für die Reformen in der Schweiz, und die Export-Ländern erhalten weniger, als wenn sie sich flexibel zeigen würden. Das haben sie leider noch nicht verstanden.”

Keine Fortschritte im Industrie-Bereich

Wasescha bedauerte hingegen, dass es im Gegensatz zur Agrar-Frage keinen Fortschritt im Industrie-Bereich gegeben habe. Industrielle Güter machen jedoch den Löwenanteil im Welthandel aus: 90 Prozent gegenüber lediglich etwa 10 Prozent landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

Der Schweizer Chefunterhändler fordert von den beiden grossen, aufstrebenden Märkten Brasilien und Indien, es China gleich zu tun, das nach seinem WTO-Beitritt die Zölle gesenkt hatte.

“China erhebt für Industrie-Güter einen Durchschnittszoll von 15 Prozent, Brasilien von rund 30 Prozent und Indien von ungefähr 150 Prozent”, erklärt Wasescha gegenüber swissinfo. “Beide Industrie-Riesen waren Mitglied beim WTO-Vorläufer GATT, sie sollten jetzt nachziehen und das tun, was ihre Konkurrenz hier in China bereits getan hat.”

Beziehung China – Schweiz stärken

Am Donnerstag reist die Schweizer Delegation in die chinesische Hauptstadt Peking weiter, begleitet von Schweizer Geschäftsleuten. Wasescha sagte, Bundesrat Deiss werde die “ausgezeichnete Kooperation” zwischen China und der Schweiz stärken und hoffe, Geschäftsleuten neue Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen.

“Allgemein stösst China in Europa und der Schweiz auf wenig Interesse, ich finde es ausgesprochen gut, dass Bundesrat Deiss Kooperationen mit seinen chinesischen Amtskollegen anstrebt.”

swissinfo

Die Doha-Runde der WTO zur Liberalisierung des Welthandels hätte Ende 2004 abgeschlossen werden sollen.

Ende 2003 scheiterte jedoch die WTO-Konferenz wegen Unstimmigkeiten bei Agrarzöllen und Investitionen.

Die WTO-Minister hoffen jetzt, dass die Verhandlungen bis Ende 2006 erfolgreich abgeschlossen werden können.

Wirtschaftsminister Joseph Deiss besucht China vom 14. bis 19. Juli. Er wird von einer Delegation von Schweizer Geschäftsleuten begleitet.

In Peking soll er mit dem chinesischen Vizepremierminister, dem Handelsminister und dem Vizeminister der Nationalen Kommission für Entwicklung und Reformen sowie dem Bürgermeister der Hauptstadt zusammen kommen.

Deiss wird auch die Stadt Schanghai und mehrere Firmen besuchen.

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