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Aids: Prävention genügt nicht

Von Millionen Kranken werden nur 400'000 behandelt. Keystone

Médecins sans frontières (MSF) Schweiz fordert die Regierung auf, im Kampf gegen Aids in Entwicklungs-Ländern vermehrt auf Behandlung zu setzen.

Nachdem lange die Prävention im Vordergrund stand, schwenkte die Strategie der Schweiz um. Seit einem Jahr wird auch mit Medikamenten behandelt.

Auch die Menschen in Entwicklungsländern sollen Zugang zu effizienten Medikamenten zur Aids-Behandlung erhalten. Das fordert Médecins sans frontières (MSF) zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember. Der Bund müsse seine Entwicklungshilfe danach ausrichten.

Statt vor allem auf Prävention müsse im Kampf gegen Aids verstärkt auf die Behandlung gesetzt werden. Das forderte die Organisation von der Entwicklungs-Zusammenarbeit.

Nicht mehr tödlich – im reichen Norden

Aids ist heute in den reichen Ländern dank der so genannten antiretroviralen Behandlung (ARV) keine Todesurteil mehr. Das Leben von HIV-positiven Menschen kann verlängert werden: Aids hat sich von einer tödlichen zu einer chronischen Krankheit gewandelt.

In den ärmeren Ländern, so MSF, hätten die meisten Aidskranken aber keinen Zugang zu diesen Medikamenten. Dabei lebten aber 95% der weltweit HIV-Infizierten in Entwicklungsländern. Rund 20 Millionen Menschen sind dort bereits an Aids gestorben.

Keine Medikamente für die Armen

ARV-Behandlungen könnten auch in armen Ländern Menschen retten. Sie würden nicht eingesetzt, weil die Regierungen – im Norden wie im Süden – erklärten, es fehle an entsprechender medizinischer Infrastruktur sowie an qualifiziertem Personal, und die Behandlung sei zu teuer.

Mit eigenen Projekten beweisen die Ärzte ohne Grenzen aber das Gegenteil: Seit 2001 betreut MSF 23’000 Patientinnen und Patienten in 27 Entwicklungsländern mit ARV. Die Erfolgsquote entspreche derjenigen von Industrieländern. Die Erfahrungen zeigten, dass die Behandlung mit ARV auch unter den schwierigen Bedingungen von Entwicklungsländern möglich sei.

DEZA: Von der Prävention zur Behandlung

Bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) hat Aids einen wichtigen Stellenwert. Viele der Projekte setzten und setzen auf Aufklärung und Prävention.

“Das stimmt, aber seit einem Jahr legen wir den Schwerpunkt auch auf die Behandlung der Krankheit”, sagt DEZA-Direktor Walter Fust in einem Interview mit dem Westschweizer Radio. “Das grösste Problem ist das Gesundheits-System vor Ort.”

Die psychologische und soziale Betreuung sei ausserdordentlich wichtig, damit die Kranken ihre Medikamente nähmen und eine Chance auf soziale Integration hätten.

Fust verweist auch auf die Rolle der Schweizer Pharma-Industrie: “Die Schweizer Industrie ist offener als man vor einem Jahr noch hatte erwarten können.”

Industrie hilft mit

Die WTO hatte im August 2003 beschlossen Aids-Medikamente als Generika unter bestimmten Bedingungen in Ländern des Südens herstellen zu lassen und sie auch in Entwicklungsländer exportieren zu lassen. Dafür wurde der Patentschutz gelockert.

Das Abkommen – von Organisationen wie MSF als zu wenig weit gehend kritisiert – wurde lange von Ländern wie der USA und der Schweiz blockiert.

“Wir müssen alles daran setzen, dieses Abkommen zu verlängern”, forderte Fust. “Es ist auch im Interesse der Pharma-Industrie, sich nicht nur auf Länder mit hoher Kaufkraft zu konzentrieren, sondern auch auf Länder, wo die Nachfrage sehr hoch ist.”

swissinfo und Agenturen

Weltweit 20 Mio. Tote seit 1981
8000 Tote pro Tag
40 Mio. HIV-Infizierte
6 Mio. Kranke, nur 400’000 werden behandelt

Aids kann bis heute nicht geheilt werden, spezielle Medikamente können aber das Leben von Infizierten verlängern.

Diese Behandlung ist teuer: In Entwicklungsländern wird sie nicht angewendet.

Die Entwicklungs-Zusammenarbeit setzte bisher vor allem auf Prävention.

Médecins sans Frontières (MSF) fordert, statt nur auf Prävention auch auf Behandlung zu setzen.

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