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Aids nimmt auch in Wohlstands-Ländern zu

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Heterosexueller Geschlechtsverkehr ist hierzulande seit 1990 der häufigste Weg zur Übertragung des HI-Virus. Ein Appell zum Welt-Aids-Tag vom 1. Dezember.

Bis Ende Jahr rechne das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit einer Zunahme der Infizierten von rund zehn Prozent. Zum ersten Mal seit zehn Jahren sei die Anzahl der neu gemeldeten Infektionen dieses Jahr wieder angestiegen, gab die Aids-Hilfe Schweiz (AHS) an einer Medienkonferenz bekannt.

Während zu Beginn der HIV-Epidemie mehrheitlich homosexuelle Männer und Drogen konsumierende Männer betroffen waren, sind derzeit 58 Prozent der Neuinfektionen auf heterosexuellen Sex zurückzuführen, wie Stefan Brandstetter von der Aids-Hilfe Zug betonte.

Die Statistik zeigt, dass der Anteil von Männern, die sich beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr ansteckten, kontinuierlich ansteigt. Machte ihr Anteil 1988 noch 10,4 Prozent aus, belief er sich im Jahr 2000 auf 4 Prozent.

Dieser Entwicklung soll durch das HIV-Präventionsprojekt “Männern eine Stimme geben” entgegengetreten werden, dies vorerst in Luzern, Zug und Schwyz. Damit soll den heterosexuell aktiven Männern ein Anstoss gegeben werden, sich unter Gleichgesinnten über ihr Mannsein, über Sexualität, über Gesundheit und Umgang mit Risiken auseinander zu setzen.

Fatale Banalisierung

Die Arbeit der HIV-Prävention werde durch die fortschreitende Banalisierung des Themas Aids in der Öffentlichkeit und in der Politik erschwert, sagte die Geschäftsleiterin der Aids-Hilfe Schweiz, Ruth Rutman. “Die Leute denken heute, Aids ist heilbar, es gibt ja Medikamente. Doch Aids ist nach wie vor unheilbar”, ergänzt der Mediensprecher der Aidshilfe Schweiz, Mark Bächer.

Es gebe Tendenzen, die darauf schliessen lassen, dass das Benützen von Präservativen eher abnehme, primär im Sexgewerbe, so Bächler weiter. “Dort ist eine steigende Nachfrage nach Sex ohne Gummi zu verzeichnen.”

Zu wenig Geld für Prävention

Das finanzielle Engagement des BAG für das Thema HIV/Aids habe sich im Laufe der letzten Jahre ständig verringert. Belief sich das Budget 1996 noch auf rund 15 Millionen Franken, weist das Budget 2002 nur noch einen Betrag von rund 9 Mio. Franken auf, wie Rutman sagte. Aus der Sicht der AHS sei dieser Betrag zu gering, um alle Aufgaben im Bereich HIV/Aids verantwortungsbewusst weiterführen zu können.

Rutman machte darauf aufmerksam, dass mit jeder verhinderten Neuinfektion Folgekosten von gegen 500’000 Franken gespart werden könnten. Die Aids-Hilfe Schweiz verlange deshalb, dass die Gelder für die HIV-Prävention unverzüglich aufgestockt würden.

Bundespräsident Moritz Leuenberger wies in einem Aufruf zum Welt-Aids-Tag darauf hin, dass HIV-Prävention nur dann erfolgreich sein könne, wenn Menschen sich selbst in die Verantwortung nähmen.

Weltweit 40 Millionen infiziert

Weltweit sind auf Basis aktueller Schätzungen 40 Millionen Kinder und Erwachsene mit dem Immundschwäche-Virus infiziert, vier Millionen mehr als im Vorjahr. Das teilte das Aids-Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNAIDS) mit. Am schlimmsten betroffen sei weiterhin Afrika mit mehr als 28 Millionen HIV-Infizierten.

In diesem Jahr haben sich 5 Millionen Menschen neu mit dem Aidsvirus angesteckt, etwa 3 Millionen sind gestorben, schätzt UNAIDS. In Osteuropa habe sich Aids zur Epidemie entwickelt, hiess es weiter. Die weltweit höchsten Zuwachsraten verzeichnet die Ukraine. In der frühreren Sowjetrepublik ist mittlerweilen ein Prozent der Bevölkerung mit Aids infiziert.

Neben der Schweiz ist die Rate der Neuinfektionen aber auch in anderen Wohlstandsländern wie Nordamerika, Australien und Teilen Europas gestiegen, wie der Jahresbericht der UNAIDS zeigt.

Annan fordert Kampf für HIV-freie Welt

Anlässlich des Welt-Aids-Tags hat UNO-Generalsekretär Kofi Annan zum verstärkten Kampf gegen die Krankheit aufgerufen. Die Seuche erschüttere die Sicherheit ganzer Gesellschaften und gefährde deren Zukunft, betonte er.

Dieses Jahr habe aber einen Wendepunkt im Kampf gegen Aids gebracht: Es gebe eine bislang nie da gewesene Entschlossenheit von Regierungen, Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft. Alle Menschen müssten nun dazu beitragen, eine von Aids freie Welt zu schaffen.

swissinfo und Agenturen

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