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AKTIEN FRANKFURT/Ausblick: Deutliche Verluste – Atomkrise in Japan im Fokus

FRANKFURT (awp international) – Ein weiterer Kursturz an den japanischen Börsen angesichts neuer Hiobsbotschaften dürfte auch den Dax am Dienstag tief ins Minus drücken. Der X-Dax als ausserbörslicher Indikator für den deutschen Leitindex stand gegen 8.10 Uhr bei 6.672 Punkten und damit 2,84 Prozent unter dem Xetra-Schluss vom Montag. Schwächer hat das Börsenbarometer zuletzt Ende November 2010 notiert. Die europäischen Märkte dürften sich dem Crash an den Tokioter Börsen nicht entziehen können, weshalb auch im Dax weitere kräftige Verluste zu erwarten seien, sagte Aktienhändler Chris Weston von IG Markets.
In Tokio brach der Nikkei-225-Index nach einer weiteren Verschärfung der Lage im japanischen Atomkraftwerk Fukushima und einer steigenden Strahlung in der Nähe von Tokio um 10,55 Prozent ein. Die Wall Street hatte sich dagegen am Vorabend erneut stabil gehalten. Der Future auf den US-Leitindex Dow Jones Industrial rutschte aber über Nacht mit den neuen Nachrichten aus Japan ab und verlor 1,30 Prozent seit dem Xetra-Dax-Schluss. Das Interesse der Anleger dürfte komplett auf Japan gerichtet bleiben, sagten Händler. Auf der Agenda stünden aber noch die ZEW-Konjunkturerwartungen und am Nachmittag US-Daten. Erst nach dem Börsenschluss in Europa wird der Zinsentscheid der US-Notenbank bekannt gegeben.
VERSORGER WEITER IM BLICK
Die Aktien der Versorger Eon und RWE bleiben auch am Dienstag im Fokus. Händler verwiesen einerseits auf Hochstufungen für beide Titel durch die UBS. Die Kursreaktion auf die Zwischenfälle bei japanischen Kernkraftwerken sei übertrieben, da die Papiere integrierter Versorger gegenüber ihren Höchstkursen im laufenden Jahr schon prozentual zweistellig nachgegeben hätten, hiess es in der Studie. Eine verstärkte Nachfrage für verflüssigtes Erdgas (LNG) sollte Negativfaktoren wie den möglichen Rückschlag für eine globale Renaissance der Atomenergie und höhere Kapitalanforderungen ausbalancieren.
Die verlängerten Laufzeiten für deutsche Kernkraftwerke könnten laut UBS angesichts des massiven politischen Drucks zwar aufgehoben werden. Doch die Brennelementesteuer sei nicht an die Laufzeiten gebunden und sollte bestehen bleiben. Das sei aber schon eingepreist. Dass der bayerische Umweltminister Markus Söder Bayerns ältestes Atomkraftwerk Isar I abschalten will, das Eon betreibt, nannten Händler eine Wiederholung gestriger Spekulationen. Sie sollten ebenso kaum einen Kurseinfluss haben wie Medienberichte, wonach RWE keinen Grund für eine komplette Umkehr bei der Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke sieht. Vorbörslich gaben Eon wie RWE allerdings um mehr als fünf Prozent nach.
MERCK KGAA STOPPT PRODUKTION AN JAPANISCHEM STANDORT
Die Papiere der Merck KGaA sollten ebenfalls im Blick behalten werden. Händler verwiesen auf einen Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, wonach der Pharmakonzern die Produktion in seiner Pigment-Fabrik in Onahama in Japan gestoppt habe. Der Grund seien Schäden am Werk selbst sowie der Infrastruktur im Land nach dem Erdbeben und Tsunami vom vergangenen Freitag. Merck werde nicht das letzte Unternehmen sein, das seine Produktion vorübergehend stilllegt, sagte ein Börsianer. Vor allem mit Blick auf die radioaktive Gefahr dürfte dies um so mehr zutreffen. Schon vor dem Handelsstart gaben die Papiere um knapp drei Prozent nach.
Die Deutsche Börse muss indes bei ihrer angestrebten Fusion mit der New York Stock Exchange aufpassen: Die konkurrierende US-Technologiebörse Nasdaq bereite ein Gegenangebot vor, berichteten mehrere US-Medien. Nach Informationen des Fernsehsenders CNBC könnte die Übernahmeofferte schon am heutigen Dienstag herauskommen. Bereits seit Wochen halten sich hartnäckig Gerüchte, dass ein Konkurrent die Fusion von Deutscher Börse und der NYSE Euronext torpedieren könnte. “Das ist zwar eine Wiederholung früherer Berichte, aber dass immer mehr Quellen das Gleiche berichten, lässt die Geschichte zunehmend wahrscheinlich erscheinen”, kommentierte ein Börsianer. Im vorbörslichen Händel verloren die Titel der Deutschen Börse über drei Prozent./gl/rum

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