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AKTIEN SCHWEIZ/Verlauf: Anfangsverluste noch deutlich ausgebaut

Zürich (awp) – Der Schweizer Aktienmarkt hat die anfänglichen Verluste am Mittwoch bis zur Mittagszeit noch deutlich ausgeweitet. Händler verwiesen dabei auf das Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Deutschland, das am Dienstagabend beschlossen wurde und seit Mitternacht gültig ist. Es betrifft Staatsanleihen aus der Euro-Zone sowie Aktien von zehn Unternehmen der deutschen Finanzbranche. Sorgen an den Aktienmärkten bereiten zudem die Pläne zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Europa, hiess es.
“Weltweit reagieren die Börsen negativ auf das deutsche Leerverkaufsverbot”, so ein Marktteilnehmer. Das politische Signal der international nicht abgestimmten Regulierung sei verheerend, weil es zeige, dass es keine Koordination in der Euro-Zone gebe. Die etwas geringeren Verluste hierzulande im Vergleich mit den übrigen europäischen Märkten werden vor allem mit der etwas defensiveren Ausrichtung des SMI begründet. Ob die Verluste am Nachmittag noch verringert werden können, dürfte von der Entwicklung an den US-Märkten abhängen. Die US-Futures lassen derzeit allerdings ebenfalls einen deutlich tieferen Start erwarten.
Das Blue-Chips-Barometer SMI notiert nach einem Tiefpunkt bei 6’345 Punkten kurz vor 11 Uhr zur Mittagszeit 1,50% tiefer bei 6’373,74 Zähler. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) büsst derweil 1,88% auf 973,99 Punkte ein, der breite Swiss Performance Index (SPI) 1,62% auf 5’621,88.
Die Regulierungsmassnahme der deutschen Finanzaufsicht rückt vor allem die Finanztitel wieder in den Fokus. Die Massnahmen schüren laut Händlern einerseits Angst vor einer Überregulierung des Bankensektors und werfen andererseits Fragen in Bezug auf die derzeitige Gesundheit der Branche auf. Der Markt ziehe jedenfalls negative Rückschlüsse auf die zukünftige Ertragssituation der Banken, heisst es. Allerdings haben sich die Titel bis zum Mittag von ihren Tiefstständen etwas erholt: CS büssen noch 3,0% ein, UBS 2,2%, bei den Versicherern Swiss Life und Swiss Re sind es ebenfalls -3,0% bzw. -2,2%.
Wie ein Damoklesschwert hängt auch weiter die bevorstehende parlamentarische Diskussion zum UBS-Staatsvertrag über den Titeln der Grossbanken. Staatssekretär Michael Ambühl hat nach seinem zweitägigen Besuch in Washington und nach Gespräches mit Vertretern des amerikanischen Justizdepartements und der Steuerbehörde IRS gesagt, dass der Schweiz politische, wirtschaftliche und rechtliche Probleme drohten, falls die eidgenössischen Räte den Vertrag mit den USA nicht genehmigen sollten.
Die grössten Verluste zur Mittagszeit gehen an einige zyklische Titel wie Clariant (-4,0%) oder Adecco (-3,8%), wobei bei letzteren der Dividendenabgang etwa einen Drittel des Kursverlustes erklärt. Ausländische Momentum-Investoren sollen vermehrt ihre Engagements glattstellen, hiess es dazu. Aber auch bei Richemont (-3,6%) und Swatch (-3,1%) werden die zum Teil deutlichen Gewinne der letzten Woche mitgenommen.
Eigentliche Unternehmensnews von den Blue Chips gibt es nur wenige, wobei die wichtigste von Roche stammt. Der Basler Pharmakonzern und sein Entwicklungspartner Biogen stellen die Entwicklung von Ocrelizumab bei Rheumatoider Arthritis (RA) wegen Nebenwirkungen ein. Der Titel hält sich aber – weil der Entscheid kaum überraschend war – einigermassen (-1,1%). Etwas besser entwickeln sich die anderen Index-Schwergewichte Novartis und Nestlé (je -0,8%).
Unter den stärksten Blue Chips sind Actelion (-0,8%) zu finden. Der CEO des Pharmaunternehmens, Jean-Paul Clozel, bleibt trotz des kürzlichen Rückschlags der Phase-III-Studie für die zusätzliche Anwendung von Tracleer gegen Lungenfibrose zuversichtlich, wie er in einem Interview erklärte. Die resistentesten Werte sind Julius Bär und Synthes (je -0,7%).
Zu den grössten Verlierern im breiten Markt gehören Gategroup (-6,4%). Händler befürchten hier, dass das Unternehmen seine Guidance angesichts der neuen, vulkanbedingten Flugausfälle senken muss. Trotz JA zu Sanierungsmassnahmen anlässlich der Generalversammlung am Vortag büssen OC Oerlikon 5,6% ein. Aber auch Forbo (-5,3%), Kudelski (-4,9%), Swisslog (-4,7%) oder Rieter (-4,5%) verlieren deutlich. Ein klares Plus gibt es bei Addex (+3,8%) und Calida (+2,0%).
uh/rt

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