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“Ich geniesse den Sieg, als wäre es mein letzter”

(Keystone-SDA) Nach seinem achten Turniersieg in Basel, dem 95. in seiner Karriere, äussert sich Roger Federer gegenüber der sda zu seinem Triumph, dem Rekord von Jimmy Connors und zur Nummer 1.

Roger Federer, Sie haben zum achten Mal Ihr Heimturnier in Basel gewonnen. Beschreiben Sie ihre Emotionen.

“Es ist ein spezieller Sieg. Es war eine sehr emotionale Woche, die mich viel Energie kostete, emotional und körperlich. Ich versuche immer alles zu geben – und es hat sich gelohnt. In der Schweiz zu spielen, ist etwas Spezielles, bin ich doch die ganze Zeit auf Reisen und habe während meiner Karriere vielleicht fünf Prozent in der Schweiz gespielt. Zuhause zu gewinnen, zählt fast doppelt. Und ich weiss nie, ob ich das noch einmal erleben darf. Darum geniesse ich den Sieg, als wäre es mein letzter in Basel – auch wenn ich es nicht hoffe.”

Sie haben sowohl gegen Adrian Mannarino als auch im Final gegen Juan Martin Del Potro mehr Emotionen gezeigt als gewohnt. Woran liegt das?

“Dies hat sicherlich mit Basel zu tun. Hier will ich es speziell gut machen. Ich wollten den Schwung des Publikums mitnehmen, als dies nicht klappte, war ich frustriert. Es unterliefen mir Fehler, bei denen ich dachte: ‘Das kann nicht wahr sein.’ Zudem hatte ich das Gefühl, dass es einer dieser Partien werden könnte, die ich auch schon verloren habe, obwohl ich sie hätte gewinnen sollen, weil ich vieles richtig gemacht habe. So, wie wenn Sand durch meine Finger rinnen würde. Vielleicht lag es aber auch an der Müdigkeit, die lange Saison spüre ich inzwischen doch auch.”

Wie sehen nach Ihrem Verzicht auf das Turnier in Paris-Bercy die nächsten Tage aus?

“Ich hoffe, ich erhalte drei Tage frei. Dann werde ich mit leichtem Training beginnen und Ende Woche wieder etwas Tennis spielen, wenn es mir besser geht. Mein Plan ist, früh nach London zu reisen, um mich zu installieren. Dann fliege ich nach Glasgow, wo ich mit Andy Murray eine Exhibition für einen guten Zweck bestreiten werde. Zuerst ist jetzt aber Erholung angesagt.”

Mit Ihrem 95. Turniersieg haben Sie in der ewigen Bestenliste Ivan Lendl überholt. Nun liegt nur noch Jimmy Connors mit 109 Titeln vor Ihnen. Ist es ein Ziel, diese Mark zu erreichen?

“Es ist wie bei der Nummer 1: entweder passiert es oder es passiert nicht. Ich werde sicherlich nicht 20 kleinere Turniere spielen, um eine Chance zu haben, diesen Rekord zu brechen. Auch wenn dies wohl die beste Möglichkeit wäre, aber das ist nicht das Ziel. Klar freue ich mich, dass ich Lendl überholt habe. Ich habe immer gesagt, 100 Titel wären toll, weil das eine unglaubliche Zahl ist. Connors zu überholen, werde ich mir aber nicht als Ziel setzen, denn dafür bin ich zu weit weg. Titel an Grand Slams, an Master-Turnieren oder in Basel holt man nicht so einfach.”

Bedauern Sie nicht, dass Sie nun in diesem Jahr wohl definitiv nicht mehr die Nummer 1 werden?

“Ich habe mir immer gesagt, wenn ich zwei Grand Slams gewinne und auch sonst gut spiele, kann es klappen mit der Nummer 1. Wäre die Nummer 1 das grosse Ziel gewesen, dann hätte ich Basel wohl eher nicht gespielt und mich voll auf Paris und London konzentrieren müssen. Es ist Ok so, ich habe eine unglaubliche Saison gespielt, eine der besten meiner Karriere – ob mit oder ohne Nummer 1. Rafa hat es verdient. Er hat die komplette Saison durchgespielt und den grösseren Effort geleistet. Ich bedauere nur, dass ich mich in Montreal verletzt habe. Ich hatte Pech, denn im Final fühlte ich mich am besten. Ich wäre gerne in Cincinnati angetreten und fit ans US Open gereist.”

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