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Alkoholisierte Autolenkerin: Behörde verhängt zu strenge Auflagen

Die Berner Behörden machten einer Autolenkerin nach einer Trunkenheitsfahrt übermässige Auflagen. (Archiv) KEYSTONE/MARTIN RUETSCHI sda-ats

(Keystone-SDA) Im Fall einer alkoholisierten Autolenkerin hat das Bundesgericht die Berner Behörde zurückgepfiffen. Ein Jahr lang sollte sich die Frau nach Alkoholkonsum nicht mehr ans Steuer setzen und sich halbjährlich einer Haaranalyse unterziehen.

Die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern sei mit dieser Auflage unkritisch einem verkehrsmedizinischem Gutachten gefolgt, geht aus dem am Mittwoch publizierten Urteil des Bundesgerichts hervor.

Die Gutachterin hatte festgehalten, dass die Autofahrerin die Trunkenheitsfahrt und ihr Trinkverhalten nicht bagatellisiere. Auch hätte eine Haaranalyse gezeigt, dass die Frau tatsächlich eine sich selbst auferlegte Alkoholabstinenz einhalte. Gemäss eigenen Angaben der Frau falle ihr dies nicht schwer.

Schwierige Lebenssituation

Die Frau war im Juni 2016 kurz nach 23 Uhr in angetrunkenem Zustand von einem Restaurant an ihren Wohnort gefahren. Bei einem Wendemanöver kollidierte sie mit einem abgestellten Fahrzeug. Die Blutalkoholuntersuchung ergaben einen Alkoholwert von mindestens 1,7 und maximal 2,47 Gewichtspromille. Die Polizei nahm der Betrunkenen in der gleichen Nacht den Führerausweis ab.

Der Vorfall hatte sich während einer schwierigen Phase im Leben der Frau ereignet. Das Gutachten hatte gemäss Bundesgericht festgehalten, dass die Frau damals bis zu 14 Stunden am Tag gearbeitet und Probleme mit ihrem Freund gehabt habe.

Zudem seien damals bei ihrer krebskranken Mutter Metastasen festgestellt worden. Und eine Woche vor der folgenreichen Autofahrt war ein guter Schulfreund beerdigt worden.

Aufgrund der positiven gutachterlichen Befunde ist es gemäss Bundesgericht nicht nachvollziehbar, dass die Gutachterin die Fahreignung der Frau nur unter bestimmten Auflagen befürwortet habe. Die Gutachterin habe ihre Beurteilung zudem nicht näher begründet.

Die Berner Rekurskommission habe deshalb den Empfehlungen nicht folgen dürfen. Es gebe keine Hinweise, dass die schwierige persönliche Situation der Frau andauern würde. Auch sei der automobilistische Leumund der Lenkerin bisher ungetrübt gewesen, schreibt das Bundesgericht.

Es hat die Beschwerde der Frau gegen den Entscheid der Rekurskommission gutgeheissen und die Massnahmen aufgehoben. (Urteil 1C_320/2017 vom 09.01.2018)

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