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Alleinerziehende leiden besonders stark unter Erwerbsarmut

(Keystone-SDA) Alleinerziehende sind fast fünf Mal häufiger von Armut betroffen als der Rest der berufstätigen Bevölkerung. Auch unter den Personen ohne Berufsausbildung und den Selbständigen sind überdurchschnittlich viele nicht in der Lage, ihre Existenz aus eigener Kraft zu sichern.

Im Jahr 2011 mussten sich in der Schweiz 3,7 Prozent der Erwerbstätigen mit einem Haushaltseinkommen unterhalb der Armutsgrenze begnügen, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) bereits im August berichtet hatte. Das entspricht knapp 130’000 Personen, denen trotz Arbeit zu wenig Geld fürs Essen und die Teilnahme am sozialen Leben übrig bleibt.

Wie eine am Dienstag veröffentlichte Detailauswertung des BFS zeigt, finden sich unter Einelternfamilien mit Kindern mit 17,4 Prozent besonders viele so genannte Working poor. Auch erwerbstätige Einzelpersonen ohne Kinder weisen mit 7,6 Prozent eine erhöhte Armutsquote auf.

Ausbildung entscheidend

Zentral im Zusammenhang mit den Arbeitsmarktchancen ist laut BFS die höchste abgeschlossene Ausbildung. So sind Erwerbstätige ohne Ausbildung nach der obligatorischen Schule mit einer Quote von 7,9 Prozent mehr als doppelt so oft arm wie Absolventen einer Berufslehre oder einer allgemeinbildenden Schule (3,4%).

Unter den Selbständigerwerbenden ist die Armut mit 8,7 Prozent ebenfalls deutlich häufiger verbreitet als unter den Angestellten (3,0%). Weil es schwierig ist, die Einkommen bei Selbständigen genau zu erfassen, ist dieses Ergebnis laut BFS aber mit Vorsicht zu interpretieren. Nach Wirtschaftszweigen betrachtet, zeigt sich mit 7,7 Prozent eine etwas höhere Armut von Personen aus dem Gastgewerbe.

240’000 Erwerbstätige armutsgefährdet

2011 bezifferte sich die absolute Armutsgrenze für Einzelpersonen auf durchschnittlich 2350 Franken pro Monat, bei zwei Erwachsenen mit zwei Kindern auf 4100 Franken. Wird die so genannte Armutsgefährdungsgrenze als Massstab genommen, so lag die entsprechende Schwelle bei 2450 respektive 5100 Franken.

Als armutsgefährdet gilt, wessen Verdienst deutlich unter dem üblichen Einkommensniveau des Landes liegt. 2011 war dies bei 240’000 Erwerbstätigen oder 6,9 Prozent der Bevölkerung der Fall. Risikogruppen im Vergleich zur absoluten Armut sind hier zusätzlich Erwerbstätige aus Osteuropa und dem aussereuropäischen Raum (16,8%) sowie solche in kinderreichen Familien (17,3%).

Im internationalen Vergleich liegt die Armutsgefährdungsquote der Erwerbstätigen 2011 für die Schweiz unter dem europäischen Durchschnitt. Von den Nachbarländern weist jedoch nur Italien eine höhere Quote auf. Dabei gilt es laut BFS zu beachten, dass hierzulande wegen der hohen Einkommen eine der europaweit höchsten Armutsgefährdungsgrenzen zur Anwendung kommt.

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