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Ankläger im Holenweger-Prozess sieht sich angeklagt

(Keystone-SDA) Anklagevertreter Lienhard Ochsner hat in den ersten fünf Stunden seines Plädoyers zum Fall Oskar Holenweger auch die Rolle der Medien kritisiert. Welche Strafe er vom Bundesstrafgericht für den Zürcher Privatbankier fordert, wird erst am Donnerstag bekannt.

Sein Plädoyer begann Ochsner am Mittwochnachmittag mit einem rhetorischen Paukenschlag: Auf der Anklagebank sitze eigentlich nicht der Bankier Holenweger, sondern die Bundesanwaltschaft (BA), ja gar die ganze Zunft der Strafverfolger.

Kein Sonderrecht für Nadelstreifen

In den Medien sei mitunter versucht worden, die Einstellung des Verfahrens oder den Freispruch Holenwegers herbeizuschreiben und die BA in die Rolle der Angeklagten zu drängen. Zentral sei im Verfahren Holenweger die Frage, welche anfängliche Verdachtslage die Eröffnung eines Verfahrens rechtfertige.

Ochsner stellte dazu die Frage in den Raum, ob der Geldwäscher im Nadelstreifenanzug eine grössere Schonung seiner Privatsphäre verdiene als der mit ihm symbiotisch verbundene Drogenhändler, der die grobe und gewalttätige Seite des Geschäfts betreibe.

Im konkreten Fall hätten die Behörden gestützt auf die Informationen des Vertrauensmannes Ramos von einem dringenden Tatverdacht gegen Holenweger ausgehen dürfen, zumal sich Ramos’ Angaben in anderen Fällen als vertrauenswürdig erwiesen hätten.

Grünen Bereich verlassen

Dass Ramos mehr als blosse Informationen geliefert und – wie von der “Weltwoche” in der Vergangenheit behauptet – Holenweger zur Begehung eines Delikts provoziert haben könnte, sei vom Anschuldigten selber bisher nie behauptet worden.

Ochsner wies weiter auf die prekäre finanzielle Lage von Holenweger und seiner damaligen Tempus-Bank hin. Das sei für ihn ein Motiv gewesen, “den grünen Bereich des Bankgeschäfts zu verlassen, um sich im roten die nötigen Mittel zu beschaffen.”

Was Holenwegers Tätigkeit für Alstom betrifft, wird das Gericht laut Ochsner zu entscheiden haben, ob das Verwalten von schwarzen Kassen internationaler Firmen strafbar ist. Das Gericht habe die Aufgabe, solchen Praktiken einen Riegel schieben.

Anteilseigner schützen

Es könne damit einen Beitrag zur Korruptionsbekämpfung leisten sowie Firmen und deren Anteilseigner vor gewissenlosen Managern schützen. Bei Holenweger stehe fest, dass er fiktive Rechnungen gestellt habe, um die schwarzen Kassen von Alstom zu füllen und damit den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung erfüllt habe.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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