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Belgischer König verlangt Stabilitätsbudget von Übergangsregierung

(Keystone-SDA) Brüssel – Sieben Monate nach den Wahlen rechnet offenbar auch der belgische König nicht mehr mit der Bildung einer Regierung in überschaubarer Zukunft. Er beauftragte am Montag den geschäftsführenden Premier Yves Leterme, einen Haushaltsentwurf für 2011 vorzulegen.
Dieser Entwurf solle “besser sein” als die mit der EU-Kommission bisher vereinbarten Eckdaten, heisst es in einer Mitteilung des Palasts. Damit verlangt der König einen Haushalt mit weniger neuen Schulden als die bisher mit der EU abgestimmten 4,1 Prozent.
Bisher hatte Leterme mit monatlichen “provisorischen Zwölfteln” regiert. Die Forderung, einen Haushalt einzubringen, bedeutet nach Ansicht von Beobachtern, dass König Albert II. nicht mehr mit einem raschen Ende der Regierungskrise rechnet. Für 2010 wird ein Haushaltsdefizit von 3,5 Prozent erwartet, 0,3 Prozentpunkte besser als ursprünglich geplant.
Nach Einschätzung von Carl Devos, Professor an der Universität Gent, wird es angesichts der tiefen Differenzen zwischen Flamen und Wallonen aber schwierig sein, einen restriktiveren Haushalt durchs Parlament zu bringen.
MachtvakuumDie Aufforderung des Königs kam, nachdem die Risikoaufschläge für Staatsanleihen Belgiens am Montag auf Rekordhöhen geklettert waren. Das Staatsoberhaupt kann angesichts des Machtvakuums, hervorgerufen durch die politische Krise im Land, politische Empfehlungen aussprechen.
Angesichts der festgefahrenen Lage hatte der liberale Politiker Didier Reynders bereits am Wochenende vorgeschlagen, die Kompetenz der abgewählten aber weiter amtierenden Regierung von Ministerpräsident Yves Leterme vorübergehend auszuweiten, damit sie die wichtigsten Probleme bearbeiten kann. Reynders ist seit über zehn Jahren belgischer Finanzminister.
Belgiens Regierung ist seit April 2010 nur noch kommissarisch im Amt. Aus den Neuwahlen im Juni ging auf flämischer Seite die Neu-Flämischen Allianz (N-VA) unter Bart De Wever als Sieger hervor, die auf lange Sicht ein unabhängiges Flandern anstrebt. Auf der anderen Seite der Sprachengrenze gewannen die Sozialisten (PS) von Elio Di Rupo, die zum hergebrachten Föderalstaat stehen.

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