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Bund spricht letzte 10 Millionen für Schweizer Abwassersystem

1966 wurde im Solothurner Strandbad noch mit einem Schild auf die Gefahren in der verschmutzten Aare hingewiesen - heute ist Baden in Schweizern Gewässern eine Selbstverständlichkeit. Keystone/STR sda-ats

(Keystone-SDA) Baden in Schweizer Gewässern ist heute eine Selbstverständlichkeit – das war jedoch nicht immer so. Die Schweiz hat in den vergangenen 60 Jahren intensiv in ein funktionierendes Abwassersystem investiert. 2017 wird der Bund die letzten 10 Millionen auszahlen.

Noch in den 1950er Jahren war die Wasserqualität in Schweizer Gewässern teilweise so schlecht, dass das Baden aus gesundheitlichen Gründen verboten war. “Vorsicht! Wasser verschmutzt. Nicht schlucken. Nach dem Baden duschen.”, warnte beispielsweise das Solothurner Strandbad vor den Gefahren der verschmutzten Aare.

Schäumende und stinkende Bäche, Fischsterben, Abfälle in Fliessgewässern und Seen waren an der Tagesordnung, wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in einer Mitteilung anlässlich des internationalen Tag des Wassers am 22. März schreibt.

Die Schweizer Bevölkerung forderte in der 1967 lancierten eidgenössischen Volksinitiative “Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung” einen Kurswechsel. Die Politik nahm das Anliegen ernst und investierte seither Milliarden in den Bau von Kanalisationen und Abwasserreinigungsanlagen (ARA).

Kanalisation entspricht dreimal Erdumfang

Mittlerweile umfasst das Kanalisationsnetz der Schweiz eine Länge von über 130’000 Kilometer, was dreimal dem Erdumfang entspricht. Dem Netz sind zudem 800 Kläranlagen angeschlossenen.

Bis 1965 waren lediglich 14 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz an eine zentrale Kläranlage angeschlossen. Im Jahr 2005 waren es schon 97 Prozent. Diesen Erfolg hat sich die Schweiz einiges Kosten lassen. Für den Ausbau der gesamten Infrastruktur wurden etwa 50 Milliarden Franken ausgegeben. Der Bund hat das System mit 5,3 Milliarden an die Gemeinden unterstützt.

Mit den letzten 10 Millionen Franken werden die Gemeinden bei ihrer Entwässerungsplanung unterstützt, wie Damian Dominguez vom BAFU auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda ausführte. Bei der Entwässerungsplanung geht es unter anderem darum, den Zustand der öffentlichen Kanalisation zu untersuchen und Instandstellungen zu planen. Die Arbeiten dauern schon ein paar Jahre an, die 10 Millionen sind die letzte Tranche der Unterstützung.

Instandhaltung privat häufig vernachlässigt

In der Schweiz hat sich das Prinzip der kostendeckenden und verursachergerechten Abwassergebühren etabliert. Die Gemeinden und Abwasserverbände erheben dafür monatlich Gebühren von rund 20 bis 70 Franken pro vierköpfigem Schweizer Haushalt. Laut Dominguez funktioniert dieses System sehr gut, auch wenn einige Gemeinden Nachholbedarf hätten.

Ein anderes Thema sind die privaten Kanalisationen. Deren Instandhaltung liegt in der Verantwortung der Grundstückeigentümer, werde aber häufig vernachlässigt, wie Dominguez sagte. Kantone und Gemeinden seien sich des Problems bewusst.

Mikroverunreinigungen schlecht für Umwelt

Eine neue Herausforderung sind gemäss BAFU auch die sogenannten Mikroverunreinigungen durch Medikamente, Pflanzenschutzmittel, Chemikalien oder Hormone. Diese können durch die ARAs nicht entfernt werden und gelangen in die Gewässer.

Die Belastung sei so hoch, dass sie für Lebewesen wie beispielsweise die Fische im Wasser problematisch sei und auch einen negativen Einfluss auf die Umwelt haben dürfte, so das BAFU. Deshalb sollen nun die wichtigsten Kläranlagen der Schweiz ausgebaut werden, damit sie Mikroverunreinigungen entfernen können. Die Auswahl der Anlagen, die ausgebaut werden, liegt bei den Kantonen.

In der ARA Neugut in Dübendorf (ZH) und ARA Bachwis in Herisau (AR) wird das Abwasser schon heute mit Pulver-Aktivkohle gefiltert und die Mikroverunreinigungen damit um 80 Prozent reduziert. Die Nachrüstung der Kläranlagen wird bis Ende 2040 aus Fondsgeldern finanziert.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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