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Das Hündchen und das Schicksal

(Keystone-SDA) Der vierte Roman von Isabelle Flükiger ist ihr erster, der auf Deutsch erscheint. Die französischsprachige Freiburger Autorin inszeniert darin ein kleines Wunder. Ein zugelaufenes Hündchen namens Gabriel bringt allen Glück – fast allen.

Eines Morgens steht das drollige Hündchen im Garten der Ich-Erzählerin. Weil es niemandem zu gehören scheint, nimmt sie sich seiner an. Ihr Allerliebster Mathieu findet ebenfalls Gefallen am neuen Begleiter.

Mathieu arbeitet als Französischlehrer. Die Stelle gefällt ihm, doch ein lernfauler Schüler, Sohn von einflussreichen Eltern, will sich bessere Zensuren erzwingen. Mathieu gibt sich beharrlich, doch der Rektor ist ein Parteikollege des Vaters.

Die Ich-Erzählerin arbeitet als Sekretärin bei einer Kulturinstitution, deren Etat durch die Regierung gekürzt wird. Nebenher schreibt sie an einem Roman, den sie schon im Titel ganz auf Bestseller trimmt. Mit dem grossen Traum geht es jedoch nur langsam voran.

Frische Stimmen aus der Romandie

Aus der Romandie erreichen uns immer wieder frische, freche Stimmen, zum Beispiel diejenige von Isabelle Flükiger. Ihr „Bestseller“ wird womöglich kein Verkaufsschlager, aber er hat das Zeug, die Leserinnen und Leser um den Finger zu wickeln. Dabei kommt es weniger auf die Geschichte an, die geradezu auffällig harmlos wirkt. Es ist vielmehr der gewitzt schelmische Tonfall, mit dem sie kokettiert.

Hinterlistig spielt Flükiger mit dem Glück ihrer Protagonisten. Sie schweben zwischen inniger Liebe und anrührenden Enttäuschungen, denn „nur weil man glaubt, fliegen zu können, heisst das noch lang nicht, dass man auch Flügel hat“. Vor allem die Ich-Erzählerin durchlebt alle Spielarten der zarten und der traurigen Gefühle.

Ein Glücksbringer

Im Zentrum steht der quirlige Hund, der seine Umgebung verzaubert. Der Kurde Said findet durch ihn eine Liebe, und sogar die Mutter des ekelhaften Nachbarn stolpert über einen Lottoschein, der zum Gewinn von 123 Millionen Euro berechtigt. Nur der Erzählerin und ihrem Liebsten bringt er kein Glück. Sie fallen aus dem siebten Himmel auf den harten Boden der Realität. Beide verlieren ihre Arbeit.

Mit einem Augenzwinkern behauptet Isabelle Flükiger das Glück ihrer Helden. Sie ist keineswegs so naiv, wie sich ihr Text gibt. Die Aufgewecktheit der Ich-Erzählerin verdeckt die Brüchigkeit ihrer Existenz. Sie erzählt munter drauf los, um sich bloss ihre Träume nicht rauben zu lassen.

Frei sein

Die Welt ist gross, und in den Abgründen glitzert manchmal ein neuer Himmel auf. Am Ende bleiben die Erzählerin und ihr Allerliebster einander und sich selbst treu, er aus Tugendhaftigkeit, sie aus Nachlässigkeit. Sie sind ehrlich froh, dass sie sich nicht um Steuerflucht und derlei zu kümmern haben. Zusammen sind sie glücklich und vor allem: frei.

Und vielleicht wird aus dem Bestseller-Manuskript tatsächlich einmal ein Bestseller.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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