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Der HCD ist in den Playoff-Halbfinals klarer Favorit

(Keystone-SDA) Der HC Davos als klarer Favorit und drei ehrgeizige Herausforderer: Mit den Playoff-Halbfinals HCD gegen SCB und Genève-Servette gegen Lugano geht die NLA-Meisterschaft in die entscheidende Phase.

Selten waren in den Playoff-Halbfinals der Eishockey-NLA alle Schweizer Landesteile so gut vertreten wie heuer. Der SC Bern aus dem Mittelland, der HC Davos aus den Bergen und Genève-Servette aus der Romandie standen bereits vor einem Jahr in der Runde der letzten vier. Neu kommt erstmals seit zehn Jahren wieder Lugano aus dem Tessin dazu. Es fehlt nach dem sensationellen Absturz der ZSC Lions nur der Grossraum Zürich. Nach den enttäuschend einseitigen Viertelfinals sind alle Teams gut erholt und können auf praktisch alle wichtigen Akteure zurückgreifen. Das verspricht mehr Spektakel – aber auch mehr Spannung?

HC Davos: das vielköpfige Monster

Der SC Bern, der nach einer miserablen Qualifikation als Achter gerade noch in die Playoffs gerutscht ist, versucht sich ein zweites Mal als Favoritentöter. Gegen den HC Davos, der als erstes Team seit den ZSC Lions 2000 und 2001 den Meistertitel verteidigen könnte, sind die Berner klarer Aussenseiter. Mit dem “vielköpfigen Monster”, wie der HCD in verschiedenen Medien bezeichnet wurde, kann aktuell in der Schweiz niemand mithalten. Die Bündner vereinen physische Härte und Einschüchterung mit Tempo, Leidenschaft und Trainer-Genie Arno Del Curto an der Bande.

Nach dem 4:0 in der Viertelfinal-Serie gegen die harmlosen Kloten Flyers machte Abwehr-General Félicien Du Bois klar: “Wir haben unser bestes Spiel noch nicht gefunden.” Wenn sie dies tun, sind sie praktisch unaufhaltbar. Die Verantwortung ist auf viele Schultern verteilt. Ein kleines Fragezeichen könnte vielleicht Goalie Leonardo Genoni sein. Der in den Playoffs gewöhnlich überragende Keeper wechselt auf die neue Saison zum Halbfinal-Gegner Bern und wird deshalb unter besonderer Beobachtung stehen.

SC Bern: Rückkehr von Blum und Plüss

Der SC Bern verblüffte in den Viertelfinals alle. Erstmals in dieser Saison schöpfte das überdurchschnittlich bestückte Ensemble sein Potenzial voll aus – und dies ohne seine beiden wichtigsten Akteure Eric Blum und Martin Plüss. Beide werden gegen Davos wieder dabei sein. Vor allem Blum sollte der Verteidigung ein dringend benötigtes spielerisches Element hinzufügen. “Es gibt für jeden Gegner ein Mittel”, betont der Japan-Schweizer. Wichtig seien die einfachen Dinge. “Jeden Zweikampf gewinnen, jedes Rennen um die Scheibe gewinnen.”

Das gelang den Bernern in den vergangenen zwölf Monaten gegen die Bündner nie mehr. Der letzte SCB-Sieg datiert vom 17. Januar 2015. Seither verlor Bern die letztjährige Halbfinal-Serie gegen Davos 0:4 sowie alle vier Partien der diesjährigen Qualifikation. In der Hauptstadt weiss man genau um die Schwierigkeit der bevorstehenden Aufgabe. “Wir müssen uns noch deutlich steigern”, sagte Simon Bodenmann gleich nach dem Coup gegen die ZSC Lions. Zwar brachte die Führung mit dem Entscheid, Trainer Lars Leuenberger für die nächste Saison nicht weiterzuverpflichten, unnötig Unruhe ins Umfeld, auf die Mannschaft sollte dies aber keinen Einfluss haben. Der SCB hat nichts mehr zu verlieren. Die Frage ist einfach: Reicht die Substanz und Klasse, um gegen das vielköpfige Monster bestehen zu können?

Servette: Möglicher Erlöser der Romandie

Ausgeglichener erscheint auf dem Papier der zweite Halbfinal zwischen Servette und Lugano. Seit dem letzten Titel der grossen Dynastie von La Chaux-de-Fonds 1973 wartet die Westschweiz auf einen Meistertitel im Eishockey. Die Hoffnung liegt einmal mehr auf den Schultern der “Grenats” aus Genf. In den 15 Jahren seines Wirkens am Lac Léman hat Chris McSorley seinen Klub zu einem konstanten Spitzenteam geformt. Fünfmal führte er es in den letzten neun Jahren in den Halbfinal, zweimal in den Final. Was fehlt, ist die Krönung. Dem Vernehmen nach soll das Budget für die nächste Saison um 20 bis 30 Prozent reduziert werden. Vielleicht winkt also heuer die letzte grosse Chance.

Servette verfügt jedenfalls über die Playoff-Mannschaft aus dem Bilderbuch: gross, kräftig, kämpferisch. Vor allem gegen schnelle Spieler könnten diese allerdings an ihre Grenzen kommen. In den letzten beiden Jahren bezwang Servette Lugano in den Viertelfinals relativ locker. Dennoch warnt Captain Goran Bezina: “Neuer Trainer, neues System: Das ist ein ganz anderes Lugano!”

Lugano: Auf dem Weg zu alter Grösse

Tatsächlich hat es Doug Shedden geschafft, aus den verwöhnten Tessinern wieder ein playoff-taugliches Ensemble zu formen. Mit dem NHL-erprobten Kanadier Maxim Lapierre holte er Einschüchterungspotenzial für die in der Vergangenheit zu weiche Squadra. “Er ist ein unglaublicher Typ. Seine Intensität und seine Leadership sind beeindruckend”, schwärmt Topskorer Fredrik Pettersson. Gerade Lapierres Ankunft und das Coaching Sheddens scheinen auch die schwedischen Offensivkünstler besser gemacht zu haben. Nach dem ersten Playoff-Erfolg nach zehn Jahren könnte eine Last von den Schultern gefallen sein.

Shedden und Servettes Chris McSorley sind verwandte Geister und gute Kollegen – auf und neben dem Eis. Der Lugano-Coach übernahm die Mannschaft im Herbst weit ausserhalb der Playoffs und vertrieb schliesslich mit dem überzeugenden 4:0 im Viertelfinal gegen Zug die Playoff-Geister der Vergangenheit. Servette ist aber ein ganz anderes Kaliber als die leichtgewichtigen Zentralschweizer. Und mit Zug scheiterte Shedden immer im Halbfinal.

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