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Der Schwingsport ist ein Ausscheidungsrennen

(Keystone-SDA) Wer Schwingerkönig werden, wer den Kilchberger Schwinget oder das Unspunnenfest gewinnen will, muss anwesend sein. Die Tatsache ist banal, dennoch versteckt sich dahinter ein Problem der Schwinger.

Dieses Problem sucht auch die Bösesten immer öfter heim. Allein schon die Präsenz am Fest ist für die Schwinger heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Es gibt keine verlässlichen, offiziellen Erhebungen, aber in dem immer athletischer werdenden Sport dürfte die Zahl der Verletzungen von Topathleten mittlerweile ähnlich hoch sein wie im alpinen Skirennsport. Nicht nur im Wettkampf springen Achseln und Knie aus den Pfannen, brechen Knochen und reissen Sehnen und Bänder. Verletzungen im Training können ebenso oft vorkommen. Kein Schwinger kann es sich leisten, sich im Training zurückzuhalten. Deshalb kann keiner wissen, wann Ziele, Saisonziele und Wettkampfpläne von einer Minute auf die andere hinfällig werden.

Samuel Giger, einer der ersten Favoriten für das Unspunnenfest, musste diese Woche als Letzter erfahren, wie rasch die Gesundheit dem Schwinger einen Strich durch die Rechnung machen kann. Die Schulterverletzung, die sich der junge, äusserst erfolgreiche Thurgauer vor knapp zwei Wochen am Schaffhauser Kantonalfest zuzog, war nicht so schlimm, dass er nicht weiterfahren konnte. Er startete, einen mässigen Eindruck hinterlassend, auch eine Woche später am Bergkranzfest auf der Schwägalp. Wieder ein paar Tage später musste er nach unerfreulich verlaufenen Untersuchungen einsehen, dass es sinnlos gewesen wäre, sich in Interlaken den Besten zu stellen.

Hoffen auf das Glück im Unglück

Giger hatte sich die Verletzung zur Unzeit zugezogen – ebenso wie sein Verbandskamerad Martin Hersche. Der Sieger des Nordwestschweizer Verbandsfests erlitt auf der Schwägalp eine recht gravierende Knieverletzung.

Andere böse Schwinger hatten das Glück im Unglück, dass sie sich wesentlich früher verletzten, sodass sie genug Zeit hatten, um vor Unspunnen gesund zu werden. Die bekanntesten Beispiele lieferten Matthias Sempach und Joel Wicki. Sie verletzten sich am 9. Juli an verschiedenen Orten; Wicki am Rigi-Schwinget, Sempach am Berner Kantonalfest. Bei der Innerschweizer Hoffnung Wicki schritt die Genesung ein wenig schneller voran, aber auch Sempach konnte seine Kampfbereitschaft für Unspunnen verkünden.

Die Frage des Zeitpunkts

Sempach hatte die Saison 2016, an deren Ende das Eidgenössische Fest in Estavayer stand, wegen einer Verletzung erst mit ein paar Wochen Verspätung beginnen können. Danach gefragt, ob die Verletzung für ihn zu einem günstigen Zeitpunkt gekommen sei, antwortete der Schwingerkönig: “Es gibt nie einen günstigen Zeitpunkt für eine Verletzung.” Irgendwelche Folgen habe es immer, wenn sich der Schwinger verletze.

Wie recht Sempach hat, zeigt sich in diesem Jahr am Beispiel des 38-jährigen Arnold Forrer. Der Schwingerkönig von Nyon 2001 konnte letzten Winter wegen Hüftproblemen nur einen Teil der üblichen Vorbereitung bestreiten. Als er in die Kranzfestsaison startete, fehlte ihm ein wichtiger Teil des physischen Aufbaus. Im August musste der Toggenburger schliesslich erkennen, dass er weder über die Substanz noch über das Stehvermögen verfügte, um über sechs Gänge bestehen zu können. Schweren Herzens gab er den Startverzicht für Unspunnen bekannt. Er war sogar überzeugt, dass er nicht einmal in der Lage gewesen wäre, um in Interlaken den stärksten Nordostschweizern als Edelhelfer zu dienen.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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