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Die Crux der vorgezogenen Tatsachen

(Keystone-SDA) Jeff Saibene weiss, dass er nur noch bis Ende Saison Trainer des FC Thun sein wird. Von einem sanften Ausklang seiner Zeit im Berner Oberland will er aber nichts wissen. Die Mission heisst Ligaerhalt.

Für einen Verein wie Thun, der ums finanzielle wie ums sportliche Überleben kämpft, ist es nicht einfach, sich in einer Meute von von Klubs zu behaupten, die sich mit mehr und besseren Mitteln gegen den Abstieg wehren.

Der FC Thun plant also ohne Saibene weiter und wird ihn – gewiss auch aus finanziellen Überlegungen – auf die nächste Saison durch den bisherigen Assistenten Marc Schneider, einen Ur-Thuner, ersetzen. Das vor der Zeit feststehende Ende der Zusammenarbeit scheint dem Luxemburger keinen Kummer zu bereiten. Lauscht man seinen Worten, wird er alles daransetzen, um die Berner Oberländer zumindest sportlich am Leben zu halten. Für die andere Seite ist er nicht zuständig. “Ich will mein Ziel erreichen”, sagt der 48-jährige Ex-Aarauer und -St. Galler. “Es ist auch ganz in meinem eigenen Interesse. Ich will Werbung in eigener Sache machen.” Für die Zeit nach seinem zweiten Engagement als Trainer in Thun hat Saibene noch nichts in Aussicht. Mit der Mannschaft in der Super League zu bleiben hätte für Saibene den Wert einer guten Bewerbung bei einem neuen Klub.

Welche Auswirkungen die frühzeitige Bekanntgabe der Trennung haben wird, wird man in den nächsten Wochen und Monaten sehen. Mit dem Sieg bei den Grasshoppers, einer vermeidbaren Heimniederlage gegen Basel und einem 1:1 in Luzern ist Thun gut zum Frühlingspensum der Super League gestartet. Jedenfalls besser als erwartet. Was aber wird sein, wenn eine Schwächephase mit ein paar Niederlagen kommt? Und die Spieler dannzumal ja wissen, dass der Chef nur noch für kurze Zeit der Chef sein wird? Für die Mannschaft und die einzelnen Spieler wäre es der Prüfstein.

Erinnerungen an Yapi und Genoni

Es kann nie von Vorteil sein, wenn eine Klubleitung einen gewichtigen Abgang in der Belegschaft Monate im Voraus bekannt gibt. Der FC Basel luchste den Young Boys im Februar 2010 Gilles Yapi ab, der damals im Saft und eine Schlüsselfigur ähnlich wie Seydou Doumbia war. Der Transfer wurde ruchbar und trug nicht zur guten Stimmung im Kader der Berner bei. Im Winter und im Frühling lag Basel zeitweise sechs, sieben Punkte hinter YB. Vor der letzte Runde mit dem Direktduell in Bern waren die Mannschaften punktgleich. YB nahm Yapi für den entscheidenden Match aus dem Kader und verlor 0:2. Yapis Zuzug war aus der Sicht des FCB kein genialer, aber ein allemal geschickter Schachzug.

Im Eishockey wurde der Transfer des Spitzengoalies Leonardo Genoni von Davos zu Bern Anfang Oktober 2015 publik, über ein halbes Jahr vor dem tatsächlichen Wechsel nach dem Saisonende. In den Playoff-Halbfinals gewann der SCB die Serie gegen Davos mit 4:1 Siegen. Welche Rolle spielte Genonis Wechsel der Fronten? Man wird es nie wissen.

Schlüsselspiel gegen Vaduz

Am Samstag kann der FC Thun im Heimspiel gegen das Schlusslicht Vaduz die Basis dafür legen, dass den ganzen Frühling in der Mannschaft und besonders um Jeff Saibene Ruhe herrschen könnte. Mit einem Sieg würden sich die Berner Oberländer um fünf Punkte von den Liechtensteinern lösen. Das wäre schon recht viel, zumal die sechs in den Abstiegskampf verwickelten Mannschaften nicht rasch vorankommen.

Saibene gewinnt dem Einstieg seiner Mannschaft in die Rückrunde doppelt Erfreuliches ab. “Ja ich bin sehr zufrieden”, sagt er. “Erstens mit der Art und Weise, wie wir in diesen drei Spielen gespielt haben, und zweitens mit den vier Punkten, die wir geholt haben. Dieses Programm war von Vornherein schwierig.”

Nicolas Bürgy, im Winter von YB gekommen, gab beim 1:1 in Luzern in der Thuner Innenverteidigung einen tadellosen Einstand. Nachdem der ebenfalls für die Innenverteidigung vorgesehene Nicolas Schindelholz wieder fit ist, freut sich Saibene darüber, dass er für die Aufstellung wieder mehr Variationsmöglichkeiten hat als auch schon.

Die Super-League-Spiele vom Samstag

Thun – Vaduz (bisherige Direktbegegnungen in dieser Saison: 1:1, 3:2). – Samstag, 17.45 Uhr. – SR Schnyder. – Absenzen: Reinmann, Markovic und Bigler (alle verletzt); Costanzo (gesperrt), Pfründer, Kaufmann, Strohmaier und Felfel (alle verletzt). – Fraglich: Tosetti; – . – Statistik: Nach den durchzogenen Leistungen zum Ende des alten Jahres ist Thun relativ gut zum Frühlingspensum gestartet. Die Bilanz mit einem Sieg bei den Grasshoppers, eine unglückliche Last-Minute-Niederlage gegen Basel und ein Unentschieden in Luzern verdient allen Respekt. Vaduz dagegen wartet im 2017 noch auf den ersten Sieg. Aus den Heimspielen gegen den Lieblingsgegner St. Gallen und gegen Lugano schaute nur je ein Punkt heraus; dazwischen ging der Match in Sion verloren. Eindeutig wird die Rollenverteilung aufgrund der direkten Begegnungen in der Super League. Von den zehn Duellen seit Juli 2014 gingen fünf für die Berner Oberländer und fünf unentschieden aus.

Grasshoppers – Young Boys (4:1, 0:4). – Samstag, 20.00 Uhr. – SR San. – Absenzen: Basic und Sherko (beide verletzt) ; Gerndt, Benito und Wüthrich (alle verletzt). – Statistik: Innerhalb von drei Monaten zu Beginn der Saison gingen zwei Duelle der Traditionsklubs auf völlig unterschiedliche Weise aus. Bei der 1:4-Niederlage im Letzigrund leisteten die Berner kaum Gegenwehr, dafür bot sich den Fans beim 4:0 in Bern das gegenteilige Bild. Das 1:4 in Zürich war für lange Zeit die letzte Niederlage der Young Boys. Von dort weg erreichten sie mit ihrer Bilanz mit neun Siegen und fünf Unentschieden fast die Qualität des FC Basel. Seit zwei Wochen jedoch stockt der Motor der Mannschaft von Adi Hütter. Das 1:4 in Luzern kam ebenso unerwartet wie das magere 2:2 daheim gegen St. Gallen. Die Grasshoppers, nach drei Niederlagen in diesem Jahr an den Rand der Abstiegszone abgerutscht, können jeden Punkt gebrauchen. Von einem Sieg können die Zürcher derzeit nur träumen. Denn für einen Sieg müssten sie mindestens ein Tor erzielen – und das haben sie in den letzten vier Meisterschaftsspielen nicht mehr getan. Der Druck, der auf der Mannschaft und auf Trainer Pierluigi Tami lastet, ist auch nach der Rückkehr des designierten Goalgetters Munas Dabbur hoch.

Rangliste: 1. Basel 21/56 (59:18). 2. Young Boys 21/39 (48:31). 3. Sion 21/35 (44:36). 4. Luzern 21/34 (45:39). 5. St. Gallen 21/26 (25:31). 6. Grasshoppers 21/22 (26:37). 7. Lugano 21/22 (27:40). 8. Thun 21/20 (25:37). 9. Lausanne-Sport 21/19 (38:44). 10. Vaduz 21/18 (25:49).

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