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Finnische Brauer rekonstruieren 170-jähriges Bier-Rezept

(Keystone-SDA) Goldene Farbe, fruchtig im Geschmack. So soll das Bier gewesen sein, das unsere Urururgrossväter im 19. Jahrhundert tranken. Zu diesem Ergebnis kommen finnische Brauer, die das Rezept für ein 170 Jahre altes Bier rekonstruierten.

Das Vorbild für das historische Gebräu stammt aus dem Wrack eines Handelsschiffes, das um 1840 in der Ostsee versank. 2010 entdeckten Taucher vor den zu Finnland gehörenden Åland-Inseln im Bauch des gesunkenen Handelsschiffes neben mehr als hundert Champagnerflaschen auch fünf mit Korken verschlossene Flaschen Bier.

“Im Gegensatz zum Champagner war das Bier nicht mehr geniessbar”, stellten Wissenschaftler von der Universität im belgischen Löwen fest. Gemeinsam machten sich Chemiker, Mikrobiologen und Brauer aus Belgien und Finnland deshalb daran, das Bier von damals nachzubrauen.

“Das Ergebnis gibt uns eine Vorstellung davon, wie Bier der Extraklasse zu Beginn des 19. Jahrhunderts schmeckte”, sagt Jan Wennström, der Chef der finnischen Brauerei Stallhagen. Der Weg dahin war Detektivarbeit.

Ein besonderes Bier

Zunächst fanden Wissenschaftler des finnischen Forschungszentrums VTT in Espoo heraus, dass das Bier höchstwahrscheinlich aus Belgien stammte, woraufhin die Kollegen in Löwen sich daran machten, die genauen Zutaten und die Zubereitung ausfindig zu machen. “Die grösste Herausforderung war, die Mikroorganismen zu bestimmen, die wir für diese Art Bier verwenden wollen”, sagt der Mikrobiologe Guido Aerts.

Das Bier aus dem Wrack muss etwas Besonderes gewesen sein. Denn gewöhnlich sei Bier damals in Fässer abgefüllt und transportiert worden, so die Forscher. Das jetzt wieder nach dem alten Rezept gebraute Bier schmeckt deutlich süsser als seine modernen Nachfolger und hat einen Alkoholgehalt von 4,5 Prozent. “Stallhagen 1843” nennt die Brauerei das historische Bier und beschreibt es als “fein und raffiniert”.

Ein Teil des Erlöses durch den Verkauf solle für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, ein anderer zur weiteren Erforschung des nach wie vor unter Wasser liegenden Schiffswracks, sagt Brauereichef Wennström. “Da gibt es sicher noch andere Schätze als die, die wir schon gefunden haben.”

120’000 Flaschen “Stallhagen 1843” wurden abgefüllt, tausend weitere wurden in handgefertigten Flaschen angeboten. So wie Bier in Flaschen zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Luxusartikel war, ist es auch diese Sonderausgabe: Die erste Flasche davon erzielte bei einer Versteigerung 850 Euro.

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