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Frankreichs Aussenministerin nach Tunesien-Affäre zurückgetreten

(Keystone-SDA) Rund zwei Monate nach ihrem umstrittenen Tunesien-Urlaub ist die französische Aussenministerin Michèle Alliot-Marie am Sonntag zurückgetreten. Die 64-Jährige war wegen ihrer Kontakte zum Umfeld des gestürzten tunesischen Präsidenten Zine al-Abidine Ben Ali unter Druck geraten.

Zum neuen Aussenminister ernannte Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntagabend den bisherigen Verteidigungsminister Alain Juppé. Dessen Nachfolger wird der bisherige Fraktionschef der Regierungspartei UMP im Senat, Gérard Longuet. Sarkozys bisheriger Generalsekretär Claude Guéant, wurde zum neuen Innenminister bestimmt.

Sarkozy begründete die zweite Regierungsumbildung innerhalb von drei Monaten mit den neuen Herausforderungen und absehbaren Konsequenzen der Umwälzungen in Nordafrika. Gerade mit Blick auf einen zu erwartenden Flüchtlingsansturm seien erfahrene Politiker in den Schlüsselressorts nötig.

Der tatsächliche Grund für Alliot-Maries Rücktritt schien allerdings offensichtlich: Die Ministerin, bislang mit dem Ruf einer Vorzeige-Politikerin, war wegen ihrer umstrittenen Tunesien-Ferien zu Beginn der dortigen Revolution zunehmend unter Druck geraten.

Im Privatjet von Ben Alis Vertrauten

“MAM”, wie die Franzosen die Ministerin auch nennen, war nach Weihnachten mit ihrem Lebensgefährten Patrick Ollier, Minister für die Beziehungen zum Parlament, und ihren Eltern nach Tunesien gereist.

Sie liess sich dort zu zwei Flügen im Privatjet eines tunesischen Geschäftsmannes einladen, der dem Clan Ben Alis nahestand. Die Eltern der Ministerin machten bei dieser Gelegenheit ein Geschäft mit dem Tunesier, einem “alten Freund der Familie”, den sie nach eigenen Angaben “zufällig” am Flughafen Tunis getroffen hatten.

Mitte Januar geriet die Ministerin zudem in die Kritik, weil sie Ben Ali Know-how französischer Sicherheitskräfte zur Bewältigung der Proteste angeboten hatte.

Keine Fehler eingestanden

In ihrem Rücktrittsschreiben an Staatschef Nicolas Sarkozy betonte die 64-Jährige, sie habe sich kein Fehlverhalten vorzuwerfen. “Ich habe nicht das Gefühl, etwas Falsches getan zu haben”, hiess es in dem handgeschriebenen Brief. Dennoch habe sie sich entschieden, zurückzutreten und bitte Sarkozy darum, den Rücktritt anzunehmen.

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