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Gentests zum Eigengebrauch sollen nicht verboten werden

Geschlechterselektion, Lifestyle-Gentests, Krebsuntersuchungen: Der Bundesrat will den Umgang mit Gentests völlig neu regeln. (Symbolbild) KEYSTONE/GAETAN BALLY sda-ats

(Keystone-SDA) Gewisse Gentests können heute via Internet bestellt und selber durchgeführt werden. Auch andere Untersuchungen werden im Graubereich durchgeführt. Damit hat die technische Entwicklung den Gesetzgeber überholt. Nun reagiert der Bundesrat.

Er schlägt eine Totalrevision des Gesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) vor. Nach geltendem Recht dürfen Ärztinnen und Ärzte genetische Untersuchungen im medizinischen Bereich durchführen sowie DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung erstellen.

Tests in anderen Bereichen sind nicht geregelt, ihre Zulässigkeit ist daher umstritten. Mit der am Mittwoch verabschiedeten Botschaft schlägt der Bundesrat dem Parlament daher vor, den Geltungsbereich des Gesetzes auf bisher nicht geregelte Tests auszuweiten.

Im Wesentlichen geht es um die Untersuchung von Eigenschaften des Erbguts ausserhalb des medizinischen Bereichs und um Untersuchungen von nicht vererbbaren Eigenschaften des Erbguts. Vom revidierten GUMG nicht erfasst werden lediglich jene Untersuchungen, die in anderen Gesetzen geregelt sind. Das betrifft etwa sie Fortpflanzungsmedizin, die Humanforschung oder DNA-Profile im Strafverfahren.

Unterschiedlich strenge Regeln

Das GUGM regelt künftig zwei Bereiche von Untersuchungen mit unterschiedlich strengen Vorschriften. Jene zur Abklärung von Eigenschaften des Erbguts im medizinischen Bereich bleibt Ärztinnen und Ärzten vorbehalten. Die Durchführung der Tests ist nur in bewilligten Laboratorien erlaubt. Der rechtliche Rahmen bleibt weitgehend unverändert.

Neu ist hingegen die Regelung von Untersuchungen des Erbguts ausserhalb des medizinischen Bereichs. Der Bundesrat schlägt dabei zwei Kategorien vor. Die erste umfasst die genetische Untersuchung besonders schützenswerter Eigenschaften.

Das können physiologische Eigenschaften sein, etwa mit Bezug auf die Ernährung, oder persönliche Eigenschaften wie der Charakter oder das Verhalten. Diese liegen zwar ausserhalb des medizinischen Bereichs, könne aber beträchtliche Auswirkungen auf die betroffene Person haben.

Das gleiche gilt laut Bundesrat für Abklärungen der ethnischen Herkunft. Er schlägt daher vor, dass solche Untersuchungen nur von Fachpersonen veranlasst und in bewilligten Laboratorien durchgeführt werden dürfen.

Belanglose Ergebnisse

Für die Abklärung äusserlicher körperlicher Merkmale wie Augen- oder Haarfarbe oder so genannten Partnerschaftsabklärungen gelten hingegen nur grundsätzliche Bestimmungen. Dazu gehören zum Beispiel ein Nichtdiskriminierungsverbot, das Recht auf Information oder Vorschriften zum Schutz von Proben und genetischen Daten.

Der Bundesrat verzichtet auf strenge Regeln, weil die Ergebnisse solcher Untersuchungen seiner Ansicht nach Ansicht “vergleichsweise belanglos” sind. Ebenfalls nur Grundsätze gelten für die Untersuchung von Veränderungen des Erbguts, die nicht an Nachkommen weitergegeben werden. Grund dafür ist, dass keine Drittpersonen betroffen sind.

Geregelt werden auch die so genannten Direct-to-Consumer-Gentests (DTC), die per Internet bestellt werden können und heute einen Graubereich darstellen. Solche Tests zur Eigenanwendung dürfen künftig nur abgegeben werden für Untersuchungen ausserhalb des medizinischen Bereichs, sofern diese weder zu medizinischen Zwecken noch zur Abklärung besonders schützenswerter Eigenschaften dienen.

In der Vernehmlassung war dieser Vorschlag auf Kritik gestossen. Der Bundesrat hat jedoch auf ein Verbot verzichtet, da die Ergebnisse der für DTC-Test zugelassenen Untersuchungen keine weitreichenden Folgen für die Betroffenen haben.

Verpönte Geschlechterselektion

Die Voraussetzungen für Pränataldiagnostik sind unverändert. Auch die Bestimmung des Geschlechts des Embryos oder Fötus bleibt grundsätzlich verboten. Die Information fällt jedoch häufig als Nebenbefund an, etwa bei einer Ultraschalluntersuchung. Um eine Auswahl von Babys nach Geschlecht zu verhindern, will der Bundesrat die Mitteilung des Geschlechts vor Ablauf der 12. Schwangerschaftswoche verbieten.

Mit der Totalrevision werden zudem genetische Untersuchungen an Verstorbenen oder toten Föten und Embryos geregelt. Überschussinformationen werden der betroffenen Person nur soweit mitgeteilt, wie diese es wünscht. Ausserhalb des medizinischen Bereichs dürfen Überschussinformationen gar nicht mitgeteilt werden. Publikumswerbung für genetische Untersuchungen im medizinischen Bereich oder für pränatale genetische Untersuchungen sollen verboten werden.

Ein grundsätzliches Verbot von Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs hat der Bundesrat verworfen. Seiner Ansicht nach kann die betroffene Person mit weniger weit gehenden Eingriffen geschützt werden.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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