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Iran-Geschäfte werden vielerorts bezahlbar

Internationale Konzerne wie Airbus werden kreativ, um Iran-Geschäfte etwa mit Iran Air an Land zu ziehen. (Archivbild) KEYSTONE/EPA/ABEDIN TAHERKENAREH sda-ats

(Keystone-SDA) Immer mehr Unternehmen vereinbaren seit der Lockerung der Sanktionen des Westens gegen Iran wieder Geschäfte mit der Islamischen Republik. Banken verweigern sich zwar noch vielerorts Geschäftsabschlüssen, aber Konzerne finden kreative Lösungen für Transaktionen.

Fast jeden Tag treffen derzeit Meldungen über die Unterzeichnung von Geschäftsvereinbarungen mit Iran ein. So schloss Royal Dutch Shell Milliardenverträge für die Erschliessung von Erdöl- und Erdgasfeldern in der Islamischen Republik ab. Vor einigen Tagen sicherte sich der französische Total-Konzern die Mehrheitsbeteiligung an einem Konsortium für ein iranisches Erdgasförderprojekt im Wert von rund 5 Milliarden Dollar.

Auch Flugzeughersteller gaben bekannt, dass sie Grossaufträge mit iranischen Airlines abgeschlossen haben. Der Airbus-Konzern liefert rund 100 Passagiermaschinen an die staatliche Fluggesellschaft Iran Air. Der US-Konzern Boeing unterzeichnete einen Milliarden-Deal zur Lieferung von 80 Passagierflugzeugen ebenfalls für Iran Air.

Der deutsche Siemens-Konzern belebt ebenfalls seine Iran-Geschäfte und machte iranische Grossaufträge publik. Demnach baut Siemens 50 Lokomotiven für das islamische Land, und stattet es mit 20 Gasturbinen aus.

Zahlreiche Hürden

Für Unternehmen ist es trotz Goldgräberstimmung allerdings gar nicht so leicht, derzeit Iran-Geschäfte an Land zu ziehen. Als Hemmnisse erweisen sich die Finanzierung und die Zahlungsabwicklung. Viele Banken sträuben sich nämlich immer noch, Geschäfte mit der Islamischen Republik durchzuführen.

Hintergrund dieses Verhaltens ist die Tatsache, dass zwar zahlreiche Sanktionen gegenüber Iran aufgelöst wurden, allerdings einige US-Sanktionen weiterhin bestehen. Diese verbieten beispielsweise amerikanischen Banken, dass sie sich an Iran-Transaktionen beteiligen.

Zusammenhänge zu Iran sind aber schnell gegeben. Vereinbaren Geschäftspartner in ihren Verträgen nur schon Dollar als Zahlungsmittel, involvieren die Geldtransfers immer amerikanische Banken als Clearingstellen, weil Dollar-Transfers stets über die USA laufen. Dies ist gemäss der US-Blockadepolitik noch verboten.

Schweizer Umgehungsgeschäft

Zwar könnte man auf andere Währungen auf dieser Welt ausweichen, aber auch dann sind Transaktionen schwierig – selbst für die amerikanische Regierung.

Bestes Beispiel dafür ist ein Transfer von 400 Millionen Dollar für Altschulden der Amerikaner bei der Islamischen Republik. Die US-Regierung musste den offenen Betrag mit dem Transport von Bargeld per Flugzeug über die Schweiz begleichen. Ermöglicht wurde das Ganze erst durch den Umtausch der Dollarscheine in Schweizer-Franken-Noten von der Schweizer Nationalbank.

Doch nicht nur Regierungen, sondern auch Konzerne zeigen Kreativität bei der Abwicklung von Iran-Geschäften. Der Total-Konzern finanziert die Beteiligung am Konsortium aus eigenen Bargeldmitteln, ohne bei Banken anzuklopfen. Die iranische Seite “bezahlt” die Total-Gruppe mit Erdgas-Kondensaten, welche die Franzosen auf internationalen Märkten verkaufen können, ohne das iranische Finanzsystem zu tangieren.

Der Airbus-Konzern liess sich für die Iran-Geschäfte ebenfalls etwas einfallen. Entgegen allen Branchengepflogenheiten vereinbarte er die Flugzeuglieferungen nach Iran nicht wie üblich in Dollar, sondern in Euro.

Zudem erreichte Airbus, dass die ersten 17 Flugzeuge eine Leasingfirma übernimmt und der europäische Konzern somit gar nicht direkt mit der Abwicklung betraut ist. Um welchen Leasinggeber es sich handelt, wollten weder Airbus noch die Iraner sagen. Insider vermuten allerdings Dubai Aerospace aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hinter dem Deal, denn der Golfstaat hat seine Finanzverbindungen zu Iran nie gekappt.

Siemens sagt bezüglich der Iran-Geschäfte, dass iranische Kunden bei der Finanzierung von der konzerneigenen Bank sowie von Exportkreditagenturen und der deutschen Bundesregierung unterstützt würden. Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium erklärt auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda, dass bereits 40 solcher Anträge für Iran-Deckungen mit einem Volumen von rund 2,5 Milliarden Euro eingegangen seien. 12 Anträge auf Staatskredite für Auftragsvolumen von 160 Millionen Euro habe die deutsche Regierung schon bewilligt. Zudem gab Deutschland formlose Interessenbekundungen bei Iran-Finanzierungen in zweistelliger Milliarden-Euro-Höhe ab.

Legale Wege möglich

Aus dem deutschen Ministerium heisst es ausserdem, dass Kreditinstitute mit regionalen Kunden auch einen Zahlungsverkehr mit Iran durchführen und einzelne Banken sogar kurzfristige Handelsfinanzierungen für Kunden der Islamischen Republik abwickeln.

Wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Auf die Anfragen der Nachrichtenagentur sda nach Iran-Geschäften wiegeln alle grösseren Geldhäuser ab. Die Grossbanken UBS und CS erklärten, dass sie keine Geschäfte mit Iran oder unter Beteiligung Irans tätigten.

Der ZKB scheint eine Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeiten mit Iran gemäss eines Sprechers verfrüht. Postfinance führt ebenfalls keine Transaktionen mit Iran-Bezug aus, was das Staatsinstitut mit Rechts- und Reputationsrisiken begründet.

Fragt man einen Schweizer Siemens-Konkurrenten wie den ABB-Konzern nach seinen Iran-Geschäften, bekommt man lediglich zur Antwort, dass mit der teilweisen Aufhebung der internationalen Sanktionen ABB begonnen habe, Geschäftsmöglichkeiten in Iran zu prüfen. Abgeschlossene Transaktionen, wie sie die vergangenen Tage immer wieder für Aufsehen sorgten, kann der Schweizer Industriegigant aber keine vorweisen.

Auch die staatliche Schweizer Exportrisikoversicherung Serv versichert derzeit nur 13 Iran-Geschäfte mit einem Volumen im einstelligen Millionenbereich. Dies ist laut einer Serv-Sprecherin kaum der Rede wert.

Offenbar finden hiesige Unternehmen nicht nur keine Bank für Iran-Geschäfte, sondern auch iranische Kunden müssen sie erst noch von ihren Angeboten überzeugen.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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