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Kommissionspräsident Barroso will eigene Einnahmen für die EU

(Keystone-SDA) Strassburg – EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso geht auf Kollisionskurs zu den Regierungen der 27 EU-Staaten. In seiner ersten Rede “zur Lage der Union” kündigte er vor dem Europaparlament eine Reihe politischer Initiativen an, die erhebliche Konflikte auslösen dürften.
Barroso belebte die Diskussion um die Einführung von “EU-Steuern” mit der Mitteilung, er werde ein System vorschlagen, wonach die EU künftig vor allem mit “Eigenmitteln” statt der bisherigen Überweisungen aus den nationalen Haushalten finanziert werde.
Er setzte sich für die von vielen Regierungen abgelehnte Schaffung von EU-Anleihen ein, mit denen Infrastrukturvorhaben finanziert werden sollten.
Noch in diesem Herbst werde die Kommission Vorschläge für die ebenfalls von mehreren Regierungen abgelehnte Steuer auf Finanztransaktionen machen, sagte er am Dienstag in Strassburg weiter.
Ausserdem bedauerte er, die EU werde ohne gemeinsame Verteidigungspolitik – die unter anderem von Staaten wie Österreich und Irland abgelehnt wird – kein ausreichendes politisches Gewicht in der Welt haben.
Absehbarer WiderstandBarrosos Absichten wurden von den grossen Parteien im Parlament grundsätzlich begrüsst, doch meldeten verschiedene Sprecher Zweifel an der Umsetzbarkeit an.
“Sie werden drei Viertel der Ratsmitglieder gegen sich haben, wenn Sie über Eigenmittel reden”, sagte der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Martin Schulz.
“Ich bin für die Gemeinschaftsmethode”, versicherte Barroso. “Das Beste ist es, wenn die Kommission ihr Vorschlagsrecht wahrnimmt.” Das derzeitige Finanzierungssystem der EU, das auf Überweisungen der Mitgliedstaaten beruht, sei “an seine Grenzen gestossen”, sagte er.
Die Kommission werde ein “faireres und effizienteres System” für mehr Eigenmittel vorschlagen. Er finde es ungewöhnlich, dass manche die Vorschläge bereits zurückweisen, ohne zu wissen, worum es genau gehe, sagte Barroso.
Erst vor vier Wochen war ein Vorschlag von Budgetkommissar Janusz Lewandowski zur Schaffung einer EU-Steuer auf erbitterten Widerstand gestossen, unter anderem aus Deutschland. Lewandowski hatte eine Steuer auf Finanztransaktionen sowie auf CO2-Emissionen ins Gespräch gebracht.

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