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Kompromissvorschlag bei Überbrückungsrente findet teilweise Anklang

Ältere Arbeitslose, die keine Stelle mehr finden, sollen künftig von Überbrückungsleistungen profitieren können. Der Ständerat entscheidet am kommenden Dienstag über einen Kompromissvorschlag des Nationalrats. (Themenbild) KEYSTONE/GAETAN BALLY sda-ats

(Keystone-SDA) Im Streit um Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose kommt die ständerätliche Sozialkommission dem Nationalrat einen Schritt entgegen. Sie unterstützt den zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten Kompromiss teilweise. Doch es bleiben gewichtige Differenzen.

Mit 8 zu 5 Stimmen hält die Kommission des Ständerats daran fest, dass nur mit 60 Jahren oder später ausgesteuerte Personen Anspruch auf Überbrückungsleistungen haben sollen, wie die Parlamentsdienste am Donnerstag mitteilten. Geht es nach dem Nationalrat, sollen dagegen alle 60-jährigen Ausgesteuerten, unabhängig vom Zeitpunkt der Aussteuerung, zum potenziellen Kreis von Bezügern gehören.

Anders als die grosse Kammer will die ständerätliche Kommission zudem die Überbrückungsleistung plafonieren – und zwar bei 38’900 Franken pro Jahr für Alleinstehende und bei 58’350 Franken für Ehepaare. Dieser Entscheid fiel mit 8 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung. Der Nationalrat will keine Obergrenze festlegen.

Keine Subvention für Unternehmen

Keine Chance in der vorberatenden Kommission hatte auch der im Nationalrat erfolgreiche Einzelantrag von Fabio Regazzi (CVP/TI), wonach Branchen mit weitergehenden sozialpartnerschaftlichen Leistungen von der Finanzierung von Überbrückungsleistungen ausgeklammert werden sollen.

Er möchte so vermeiden, dass Unternehmen gleich doppelt Unterstützungsbeiträge zahlen. In solchen Fällen sollen Firmen die zu viel geleisteten Beiträge zurückerhalten. Die ständerätliche Kommission dagegen will “keine neue faktische Subvention für Branchen mit Vorruhestandsleistungen” schaffen, wie sie schreibt. Sie entschied das mit 7 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

Konzept übernommen

Daneben gibt es aber einige zentrale Punkte des nationalrätlichen Vermittlungsvorschlags, die auch in der kleinen Kammer mehrheitsfähig zu sein scheinen. Die ständerätliche Kommission für soziale Sicherheit will beispielsweise die neue Rente nicht mehr nur bis zum Zeitpunkt der Frühpensionierung gewähren.

Sie schlägt mit 8 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen vor, dass die Überbrückungsleistung bis zur ordentlichen Pensionierung ausgerichtet werden soll oder bis der Vorbezug einer Altersrente möglich ist. Der zweite Fall tritt nur dann ein, wenn zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer Frühpensionierung absehbar ist, dass die Person beim Erreichen des ordentlichen Rentenalters einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben wird.

An Ergänzungsleistungen orientiert

Anspruch auf Überbrückungsleistungen soll nur bestehen, wenn das Reinvermögen weniger als 50’000 Franken für Alleinstehende und 100’000 Franken für Ehepaare beträgt. Das entspricht der Hälfte der EL-Vermögensschwelle.

Der Ständerat wollte bei der ersten Beratung des Geschäfts die Regeln auf der Vermögensschwelle für Ergänzungsleistungen legen. Die vorberatende Kommission beantragt nun mit 6 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen, auf diesen Entscheid zurückzukommen und dem Nationalrat zu folgen.

Differenzen halbiert

Wie die grosse Kammer will nun auch die ständerätliche Kommission bei der Berechnung des früheren AHV-pflichtigen Einkommens, das zum Bezug einer Überbrückungsrente berechtigt, Erziehungs- und Betreuungsgutschriften berücksichtigen. Das entschied sie mit 9 zu 4 Stimmen.

Die Krankheits- und Behinderungskosten sollen – ebenfalls analog zu den Ergänzungsleistungen – separat abgegolten werden. Das sah der Ständerat bisher nicht vor.

Differenz von 120 Millionen Franken

Mit den Anträgen der ständerätlichen Sozialkommission könnten rund 3400 Personen pro Jahr davor bewahrt werden, nach einem langen Arbeitsleben in die Altersarmut abzurutschen. Ab 2028 betrügen die Kosten rund 150 Millionen Franken im Jahr.

Nach den Beschlüssen des Nationalrats wären etwa 6200 Personen bezugsberechtigt. Die Kosten beliefen sich auf rund 270 Millionen Franken.

Zeit drängt

Damit die Überbrückungsleistungen als Wahlkampfvehikel gegen die Begrenzungsinitiative der SVP zum Einsatz kommen können, muss das entsprechende Bundesgesetz in der laufenden Frühjahrssession vom Parlament verabschiedet werden. Am 17. Mai stimmt das Schweizer Volk über die Personenfreizügigkeit mit der EU ab.

Voraussichtlich am kommenden Dienstag befasst sich der Ständerat zum zweiten Mal mit der Vorlage. Noch im Dezember hatte die kleine Kammer die neue Sozialleistung im Vergleich zum bundesrätlichen Vorschlag stark gekürzt – zum Ärger der Gewerkschaften, die danach drohten, den Abstimmungskampf gegen die Begrenzungsinitiative nur halbherzig zu bestreiten.

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