Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Martina Hingis kämpft auch mit 36 noch um Titel und Trophäen

(Keystone-SDA) Neben Roger Federer ist Martina Hingis die einzige verbliebene Schweizerin in der zweiten Wimbledon-Woche. Auch mit 36 sucht die Ostschweizerin noch immer die sportliche Herausforderung.

Es sind in erster Linie die aufgehängten Bilder, die Martina Hingis auf der Anlange des All England Lawn Tennis and Croquet Club an ihren Sieg im Wimbledon-Final von 1997 gegen Jana Novotna erinnern: “Damals hatte ich noch ‘Pfuusbäckli'”, sagt Hingis mit einem Lachen. Mit 16 Jahren und 278 Tagen ist sie bis heute die jüngste Wimbledon-Siegerin im Einzel seit 1887. Ansonsten ist ihr das Turnier von damals nicht mehr so präsent, auch wenn sie in diesen Tagen immer wieder angesprochen wird. “Dass ich aber Member des All England Clubs bin, macht mich schon stolz.”

Auch zwei Jahrzehnte nach ihrem Triumph ist es noch immer die sportliche Herausforderung auf höchstem Level, welche die Ostschweizerin antreibt, mit Filzball und Racket um die Welt zu reisen. “Turniere zu gewinnen und um Grand-Slam-Titel zu kämpfen, ist cool. Das können nicht alle.” Ihren letzten von bislang 22. Grand-Slam-Titel gewann sie vor einem Jahr am French Open in Paris im Mixed mit dem Inder Leander Paes.

In diesem Jahr hat sie sowohl im Doppel als auch im Mixed den Partner gewechselt. Seit Februar ist sie mit Chan Yung-Jan unterwegs. Das Zusammenspiel mit der Taiwanerin, die sich “Latisha” nennt, harmonierte schnell, die beiden haben als Duo bereits fünf Turniere gewonnen, zuletzt die Rasen-Events in Mallorca und Eastbourne. “Latisha hat nicht einen so harten ‘Knall’ mit der Vorhand wie Sania (Mirza), dafür ist sie besser am Netz und kann mir da mehr helfen.” Ihre erste Begegnung mit der Schweizerin hatte Chan einst bei einer Exhibition von Hingis gegen Steffi Graf in Taipeh, als sich die heute 27-Jährige ein Autogramm ihrer heutigen Partnerin sicherte.

Dass Hingis auch in ihrer zweiten Karriere von ihrem sportlichen Ehrgeiz nichts eingebüsst hat, zeigt auch der Wechsel ihres Mixed-Partners. “Die Zusammenarbeit mit Leander hat nicht mehr so gut funktioniert wie im letzten Jahr, deshalb zog ich die Konsequenzen”, so Hingis. Den Entscheid Paes mitzuteilen, sei nicht ganz einfach gewesen, “schliesslich hatten wir zusammen viele Erfolge gefeiert und uns auch privat gut verstanden”. Danach kontaktierte sie für Wimbledon Jamie Murray, den britischen Doppel-Spezialisten und Bruder von Andy Murray.

Auch wenn Hingis noch immer ambitioniert ist, kann sie das Wimbledon-Turnier heute viel mehr geniessen. “Als Einzelspieler ist man hier gestresster, da du auf Rasen weniger unter Kontrolle hast als auf anderen Belägen”, so Hingis. “Wenn du nicht bereit bist, bist du weg vom Fenster.” Gerne schlendert sie auf der Anlage herum, schaut sich andere Partien an oder geht in den Souvenir-Shop. Sie werde zwar noch immer erkannt, “aber bis die Leute merken, dass ich es bin, bin ich schon weitergelaufen”. Und die Jungen würden sie sowieso nicht mehr erkennen.

Sportlich kann sie dem Nachwuchs dank ihrer Spielintelligenz zumindest im Doppel und Mixed aber noch immer die Stirn bieten. Hingis ist sehr fit, auch wenn sie nur noch halb so viel auf dem Platz trainiert wie früher. Sie ernährt sich bewusster, isst weniger Kohlenhydrate und profitiert auf dem Platz von ihrer Erfahrung. “Ich kann meine körperlichen Grenzen und Limiten gut einschätzen, und renne nicht jedem Ball hinterher.” Dies sei auch eine Qualität vom Top-Spielern.

Klar ist, dass Hingis auch über ihre Karriere hinaus mit dem Tennis verbunden bleiben will. In welcher Form weiss sie noch nicht genau. “Kommt Zeit, kommt Rat.” Erste Erfahrungen als Coach hat sie sowohl mit Kindern in der Tennisschule ihrer Mutter als als auch auf der Tour gesammelt. Die ständige Reiserei sei allerdings anstrengend. “Denn irgendwann hat man es gesehen.”

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft