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Massnahmen gegen Zwangsheiraten werden verschärft

(Keystone-SDA) In der Schweiz werden Zwangsheiraten nicht mehr toleriert. Das Parlament hat in der Sommersession strenge Massnahmen verabschiedet. In einer letzten Differenz um “Zwangsscheidungen” ist der Nationalrat am Mittwoch auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt.

So muss ein Gericht künftig auch dann eine erzwungene Heirat aufheben, wenn die Eheleute die Ehe weiterführen wollen. Der Bundesrat hatte ursprünglich vorgeschlagen, in einem solchen Fall eine Heirat nicht für ungültig erklären zu lassen. Das war dem Ständerat aber zu unsicher.

Am Mittwoch ist nun der Nationalrat der kleinen Kammer stillschweigend gefolgt und hat den entsprechenden Passus aus dem Gesetz gestrichen. Damit soll verhindert werden, dass zum Beispiel Druck auf eine Ehefrau ausgeübt wird und diese dem Gericht vorspielt, sie wolle die Ehe aus freiem Willen fortführen.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hatte bereits während der Ständeratsdebatte darauf hingewiesen, dass eine Ungültigkeitserklärung einer Ehe ein “erheblicher Eingriff” in die verfassungsmässig geschützten Rechte eines Menschen sei. Eine “Zwangsscheidung” könne eine Grundrechtsverletzung darstellen.

Bis zu fünf Jahre Gefängnis

Kernstück der Massnahmen gegen Zwangsheiraten ist eine strengere Strafbestimmung: Wer jemanden zu einer Ehe zwingt, kann neu mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Dies gilt auch, wenn die Heirat im Ausland erfolgt. Auf die Einführung einer Mindeststrafe haben Bundesrat und Parlament verzichtet.

Zudem gilt neu der Grundsatz, dass die Voraussetzungen für eine Eheschliessung ausschliesslich nach Schweizer Recht beurteilt werden. So sind Ehen mit Minderjährigen auch bei Ausländerinnen und Ausländern nicht mehr möglich. Im Ausland geschlossene Ehen mit Minderjährigen werden nicht mehr anerkannt.

Neu werden weiter die Zivilstandsämter dazu verpflichtet, Strafanzeige einzureichen, wenn sie Zwang feststellen. Nach noch geltendem Recht müssen die Zivilstandsbeamten die Trauung lediglich verweigern.

Die neuen Gesetzesbestimmungen sind bereit für die Schlussabstimmung vom Freitag.

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