Menschenrechtsgericht prüft Klage gegen Kruzifixe in Schulzimmern
Strassburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erneut geprüft, ob Kruzifixe in öffentlichen Schulen gegen das Erziehungsrecht der Eltern und die Religionsfreiheit verstossen. Es befasste sich mit der Beschwerde einer Mutter gegen Italien.
Der Rechtsvertreter der Mutter machte geltend, Italien - das Kruzifixe in Schulzimmern erlauben will - sei laut einer Entscheidung des Verfassungsgerichts ein laizistisches Land. Daher seien Kruzifixe bereits 2001 aus den Gerichtssälen des Landes verbannt worden.
Der Staat müsse in Sachen Religion neutral bleiben, auch in den öffentlichen Schulen. Kinder, die dort mit einem Kruzifix konfrontiert seien, müssten aber daraus schliessen, dass sich der Staat mit dem Christentum identifiziere. Die elf und 13 Jahre alten Kinder der Klägerin, die zuhause laizistisch erzogen würden, hätten sich wegen der Kruzifixe in der Schule ausgeschlossen gefühlt.
Der Vertreter der italienischen Regierung wies diese Vorwürfe entschieden zurück. Die Kreuze seien nur "stumme und passive Symbole", die keinen Einfluss auf den Unterricht hätten, sagte der Regierungsbeamte Nicola Lettieri. Die Kruzifixe seien "volkstümliche Symbole", die zur nationalen Identität Italiens gehörten. Mit dem Urteil ist erst in einigen Monaten zu rechnen.
Auch in der Schweiz waren Kruzifixe in Schulzimmern bereits Thema: 1990 hatte das Bundesgericht das Anbringen eines Kruzifixes in den Schulzimmern der Tessiner Gemeinde Cadro als Verstoss gegen die Religionsneutralität der Primarschule bezeichnet. Der Staat sei im Unterricht an staatlichen Schulen zur konfessionellen Neutralität verpflichtet.