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Nationalrat will keine erbrechtliche Aufwertung des Konkubinats

(Keystone-SDA) Unverheiratete Paare sollen Ehepaaren erbrechtlich nicht gleichgestellt werden. Der Nationalrat hat sich am Mittwoch zwar für eine Revision des Erbrechts ausgesprochen. Im Gegensatz zum Ständerat will er aber an der Diskriminierung von Konkubinatspaaren gegenüber Ehepaaren festhalten.

Mit 94 zu 43 Stimmen hiess der Nationalrat eine von ihrer Rechtskommission abgeänderte Motion des Ständerats gut. Darin wird der Bundesrat beauftragt, die aus dem Jahr 1912 stammenden erbrechtlichen Bestimmungen über den Pflichtteil der Eltern und Nachkommen an die gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen.

Institution der Ehe nicht schwächen

Die von den Motionären geforderte erbrechtliche Gleichstellung der Konkubinatspaare mit Ehepaaren wird dabei aber ausdrücklich ausgeschlossen. Der Nationalrat trägt mit dieser Anpassung Vorbehalten christlichdemokratischer und rechtsbürgerlicher Kreise Rechnung.

“Wenn das Konkubinat von allen Vorteilen der Ehe profitieren kann führt das zu einer Schwächung der Institution Ehe”, sagte CVP-Nationalrätin Viola Amherd (VS). Die CVP-EVP-glp-Fraktion widersetze sich dieser Schwächung. Hingegen sei die CVP einverstanden damit, die Pflichtteilsregelung zu revidieren.

Die SVP lehnte derweil eine Revision des Erbrechts grundsätzlich ab. Es werde nicht nur die Institution der Ehe geschwächt, es bestehe auch kein Handlungsbedarf, sagte Pirmin Schwander (SVP/SZ). Das Parlament solle sich besser um andere Fragen kümmern.

Veraltetes Gesetz

Mit dieser Ansicht stand die SVP aber allein da. Das veraltete Gesetz sei trotz vereinzelter Teilrevisionen den heutigen Lebensumständen nicht mehr angepasst, erklärten die Vertreter von FDP, BDP, SP und Grünen.

Auch nach Ansicht von Justizministerin Simonetta Sommaruga, die die Motion als Ständerätin mitunterzeichnet hatte, besteht Handlungsbedarf. Im Jahr 2000 seien in der Schweiz 28,5 Milliarden Franken vererbt worden. Weniger als die Hälfte der gesamten Erbsumme sei an Erbende unter 55 Jahren gegangen, sagte Sommaruga.

Immer öfter kommt es laut Amherd deshalb zu Situationen, in welchen die Erben bereits im Pensionsalter sind und sich die Frage stellt, ob beim Erbgang nicht besser eine Generation übersprungen wird. Dies lasse sich nach heutigem Gesetz nur mit komplizierten Verträgen bewerkstelligen.

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