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Reaktoren in zwei deutschen Atomkraftwerken abgeschaltet

(Keystone-SDA) Nach dem Beschluss der deutschen Regierung zur vorübergehenden Stilllegung der ältesten Atomkraftwerke fahren die Betreiber die Anlagen herunter. Der Karlsruher Versorger EnBW nahm nach eigenen Angaben die Meiler Neckarwestheim 1 und Philippsburg 1 vom Netz.

Neckarwestheim ist rund 150 Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt; zum AKW Philippsburg beträgt die Distanz 170 Kilometer.

RWE gab zudem bekannt, dass der Block Biblis A ebenfalls bald herunterfahren werde. Der von der Anordnung ebenfalls betroffenen Nachbarblock B ist ohnehin seit Februar zur Revision vom Netz. Weiter soll auch Isar 1 stillgelegt werden.

Die deutsche Regierung hatte nach dem Reaktorunglück in Japan beschlossen, die sieben ältesten Reaktoren bis Mitte Juni vom Netz zu nehmen. In dieser Zeit sollen alle deutschen AKW einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden.

Keine Versorgungslücke

Die Versorgungssicherheit für Deutschland ist nach Einschätzung von Experten durch den Ausfall der Anlagen nicht gefährdet. Die 17 Atomkraftwerke in Deutschland decken etwa ein Viertel der Stromproduktion.

Von den sieben Meilern waren mit Biblis B, Brunsbüttel zwei bereits vom Netz, so dass nur fünf zusätzlich abgeschaltet werden. Ihre Leistung könne problemlos durch alte Kohle- oder Gaskraftwerke ersetzt werden, sagen Experten. Zudem sei in Deutschland 2010 mehr Strom erzeugt worden als im eigenen Land benötigt wurde. Der Rest wurde exportiert.

Mittelfristig trotzdem Atomstrom

Trotzdem will die deutsche Regierung vorerst weiter auf Atomkraft setzen. “Was wir brauchen, ist ein Ausstieg mit Augenmass”, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag. Schon vor dem dreimonatigen Atom-Moratorium und den neuen Sicherheitstests zeigte sich Merkel überzeugt, dass die deutschen Reaktoren sicher sind.

Eine Rückkehr zum von Rot-Grün beschlossenen stufenweisen Ausstieg bis 2022 lehnte Merkel ab. Die Lage nach dem Moratorium werde anders als vor der japanischen Katastrophe sein, aber auch anders als von Rot-Grün beschlossen.

Der damalige Ausstiegsbeschluss sei “nicht tragfähig”. Es gehe jetzt um einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien. Dafür kündigte Merkel einen Zeitplan an.

Opposition unzufrieden

Die Opposition griff die Regierung scharf an. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel wegen der im Herbst verlängerten Laufzeiten vor: “Sie persönlich haben Sicherheit gegen Geld getauscht.”

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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