Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Selbstständige Fahrer gelten als Angestellte der Taxi-Zentralen

Die Taxi-Zentralen - wie hier Taxi Phone in Genf - vermitteln Fahrten an freie Fahrer. In Zukunft gelten auch die Freien als Angestellte. Damit müssen die Zentralen die Kosten für deren Sozialversicherungen übernehmen. (Archivbild) Keystone/SALVATORE DI NOLFI sda-ats

(Keystone-SDA) Gute Nachricht für selbstständige Taxifahrer: Wenn sie einer Zentrale angeschlossen sind, gelten sie als deren Angestellte. Das hat das Bundesgericht entschieden. Damit sind sie in Zukunft deutlich besser geschützt. Für Konsumenten hingegen könnte es teurer werden.

Taxizentralen nehmen – vor allem in grösseren Städten – Aufträge von Kunden an und leiten diese an diejenigen Fahrer weiter, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Nähe befinden. Bisher galten diese Fahrer als selbstständig Erwerbende, die lediglich durch einen sogenannten Anschlussvertrag mit der Zentrale verbunden waren.

2014 hatte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) diesen Taxifahrern erklärt, dass sie in Zukunft sozialversicherungsrechtlich als unselbständig Erwerbstätige eingestuft würden und die Zentrale entsprechend die Sozialbeiträge zu bezahlen habe. Dagegen hatten vier Fahrer und eine Taxizentrale geklagt.

Bereits vor dem Zürcher Kantonsgericht aber waren sie abgeblitzt. Die Richter gelangten zum Schluss, dass es zwischen der Zentrale und den Fahrern zahlreiche vertragliche Verpflichtungen gebe, was auf ein Unterordnungsverhältnis schliessen lasse. So seien die Fahrer verpflichtet, an Kursen zur Aus- und Weiterbildung teilzunehmen, für ihr Fahrzeug den Namen der Zentrale zu verwenden und dass es Vorschriften zum Auftreten und Verhalten gegenüber Kunden gebe.

Auch die Kündigungsfrist von drei Monaten spreche für eine unselbstständige Stellung. Dazu komme, dass sich die Zentrale im Internet mit Angeboten für Private und Unternehmen präsentiere und Mitarbeiter beschäftige, die für die Akquisition zuständig seien.

Fahrzeugkauf keine wesentliche Investition

Auch das Inkasso der vermittelten Fahrten werde von der Gesellschaft übernommen. Abgesehen von der Anschaffung des Fahrzeugs hätten die Fahrer keine wesentlichen Investitionen getätigt und beschäftigten auch kein Personal.

Unter anderem diesen Punkt hatten die Kläger in ihrem Rekurs bemängelt: Sie hätten zwischen 35’000 und 50’000 Franken in den Kauf ihrer Fahrzeuge investiert. Das müsse als Unternehmerrisiko und damit als Anhaltspunkt für eine selbstständige Erwerbstätigkeit gelten.

In seinem am Dienstag veröffentlichten Urteil stützt das Bundesgericht jedoch den Entscheid der Vorinstanz. Der Kauf und der Unterhalt eines Taxis bedeute noch kein Unternehmerrisiko. Denn die Magnettafeln seien so einfach zu entfernen, dass die Taxifahrer ihre Fahrzeuge auch ausserhalb der Arbeitszeiten uneingeschränkt für private oder für andere Zwecke nutzen könnten.

Der Preis der Anschaffung entspreche zudem den Kosten eines privaten Fahrzeuges. Weitere Investitionen für Räumlichkeiten, Personal oder Werben fielen nicht an. Damit hätten die Fahrer, ausser dem monatlichen Verwaltungskostenbeitrag von 775 Franken an die Gesellschaft, keine grösseren Fixkosten zu bewältigen.

Da der Entscheid des Kantonsgerichts keine Mängel aufweise und dem Bundesrecht nicht widerspreche, weise das Bundesgericht die Beschwerde ab. Die Beschwerdeführer müssen für die Gerichtskosten von 2000 Franken aufkommen.

Weitreichende Konsequenzen für Zentralen

Nach Angaben von Christoph Wieland, Präsident der Fachgruppe Taxi des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG (TaxiSuisse), sind schweizweit zwischen 1500 und 2000 Taxihalter einer Zentrale angeschlossen. Das sagte er in der SRF-Sendung “10vor10” vom Montagabend.

Für sie seien die Konsequenzen des Entscheides weitreichend, sagte Thomas Gächter, Professor für Sozialversicherungsrecht an der Universität Zürich, in der Sendung. Denn er bedeute, dass das bisherige Geschäftsmodell mit dieser Art von Entschädigungen so nicht mehr funktioniere. “Taxifahrer müssen jetzt angestellt beziehungsweise abgerechnet werden wie Angestellte”, sagte Gächter.

Für die Fahrer ist das Urteil eine gute Nachricht. Denn als Angestellte werde ihr Sozialschutz deutlich verbessert. “Neu werden sie in der Unfallversicherung versichert sein, in der Zweiten Säule und in der Arbeitslosenversicherung”, sagte Gächter. Weil dadurch aber die Kosten der Taxizentrale stiegen, bedeute das für Konsumentinnen und Konsumenten wahrscheinlich teurere Taxifahrten.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft