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Textilmuseum St. Gallen zeigt Spitzen aus fünf Jahrhunderten

(Keystone-SDA) In einer sinnlichen Show ganz in der einstigen Modefarbe Mauve zeigt das Textilmuseum St. Gallen Spitzen aus fünf Jahrhunderten. Die internationale Sonderausstellung “stgall – Die Spitzengeschichte” dauert bis zum 30 Dezember.

Spitzen haben St. Gallen reich gemacht. Das sieht man schon am Bahnhof, dem einst grössten der Schweiz. Unübersehbar weisen am St. Galler Hauptbahnhof mit Spitzen verzierte, malvenfarbene Plakate auf die neuste Sonderausstellung im Textilmuseum hin.

Riesig und reich verziert ist auch der Empfangsteppich am Eingang der Ausstellung, der ausnahmsweise nicht vor dem Museum, sondern in der Halle der St. Galler Kantonalbank – der Hauptsponsorin der Ausstellung – liegt. “Der Spitzenteppich wurde eigens für die Ausstellung gemacht. Er ist der grösste der Welt, sagte Martin Leuthold, Stoffdesigner aus St. Gallen und einer der beiden Gastkuratoren von “stgall”.

Weltweit einmalig ist auch die Sammlung an handgefertigten Klöppel- und Nadelspitzen aus ganz Europa, welche im obersten Stockwerk des Textilmuseums zu sehen ist. Die luxuriösen Verzierungen waren bis ins 19. Jahrhundert den Adligen und Reichen vorbehalten. Schliesslich stickten Arbeiterinnen daran monate-, manchmal jahrelang.

Die Ausstellungsmacher haben die kostbaren Stücke so in Szene gesetzt, dass die Besucher erleben, wie und vom wem sie getragen wurden. Damit sie keinen Schaden nehmen, sind die filigranen Kunstwerke hinter Glas und nur schwach beleuchtet. Trotzdem erzählen die Exponate ihre Geschichte auf eindringliche Weise.

Industrialisierung

Die eigentliche Hochblüte erlebte die St. Galler Stickerei mit der Industrialisierung. Dank dem von St. Gallern entwickelten Verfahren der Ätz-Stickerei wurden handgefertigte Spitzen perfekt imitiert und bald für Normalverbraucher erschwinglich. “Man sieht fast keinen Unterschied zwischen Maschinenspitzen und handgefertigten Spitzen”, erklärte Co-Kurator Bernard Duss bei einem Rundgang.

Ein Produkt des Fortschritts ist auch die Farbe Mauve, in welcher die Kuratoren die Ausstellung koloriert haben. Mauve wurde 1856 durch Zufall entdeckt. Es war die erste Farbe, die chemisch hergestellt werden konnte und die sich auch die Bürger leisten konnten. “Mauve blieb 30 Jahre lang in Mode und legte den Grundstein für die Basler Chemie-Industrie”, sagte Leuthold.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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