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Überlebende sprechen von guten Schneeverhältnissen im Unfallhang

(Keystone-SDA) Chur – Die an der Jungfrau im Juli 2007 verunglückten Rekruten wären mit grosser Wahrscheinlichkeit noch am Leben, wenn ihre Bergführer die Lawinengefahr eine Stufe höher eingeschätzt hätten. Die verhängnissvolle Tour hätte dann nicht stattgefunden.
Bei “erheblicher” Lawinengefahr, der dritten von fünf Gefahrenstufen, hätten beide angeklagten Bergführer ihre Gruppen nicht auf die Jungfrau geführt. Das sagten die beiden Bergführer am zweiten Tag des Militärprozesses in Chur, bei der Befragung durch die Richter.
Die Bergführer schätzten die Lawinengefahr aber eine Stufe tiefer ein, nämlich als “mässig”, und glaubten an eine sichere Besteigung des 4160 Meter hohen Berges. Zu diesem Schluss seien sie aufgrund einer Vielzahl von Beobachtungen am Unfalltag und auch am Vortag bei der Besteigung des benachbarten Mönchs gekommen.
Experten allerdings hatten im Vorfeld des Prozesses die Lawinengefahr als “erheblich” eingeschätzt.
Auch ein am Mönch zu Testzwecken ausgelöstes, kleines Schneebrett beeinflusste die Bergführer in ihrer Entscheidung. Die erwies sich aber als fatal. Im Gipfelhang der Jungfrau auf über 3900 Metern über Meer wurden die Bergführer mit den ihnen anvertrauten 12 Militärangehörigen der Gebirgspezialisten-RS von Andermatt UR von einem Schneebrett erfasst.
Fünf Rekruten und ein Wachtmeister im Alter von 20 bis 23 Jahren wurden 1000 Meter tief in den Tod gerissen. Der Sturz der anderen sechs Rekruten und der Bergführer wurde von einem Geländesattel gestoppt. Sie überlebten unverletzt.
Die Angeklagten betonten vor Gericht immer wieder, dass sie ihre Sechsergruppen völlig unabhängig voneinander führten und sich zusammen mit ihren Gruppen unabhängig voneinander für die Besteigung der Jungfrau entschieden hätten. Es habe kein Druck durch Vorgesetzte oder Befehle bestanden.

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