Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Unruhen in Tunesien erreichen Hauptstadt Tunis

(Keystone-SDA) Paris – Erstmals seit Beginn der Unruhen in Tunesien vor knapp vier Wochen ist auch die Hauptstadt von den Unruhen betroffen. Im Zentrum von Tunis kam es am Mittwoch zu schweren Auseinandersetzungen zwischen mehreren hundert Demonstranten und der Polizei.
Die Regierung verhängte am Abend eine Ausgangssperre. Zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr sollten die Bewohner von Tunis und der umliegenden Region in ihren Häusern bleiben. Derartige Massnahmen sind in dem nordafrikanischen Land, das lange Zeit als Hort der Stabilität galt, höchst ungewöhnlich.
Auch ausserhalb von Tunis kam es erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. In der Stadt Thala erschossen Sicherheitskräfte einen jungen Mann. Die Zahl der Toten stieg damit auf mindestens 24. Gewerkschaften und Augenzeugen erklärten, die Zahl der Opfer liege bei mindestens 46.
Innenminister entlassenNur wenige Stunden zuvor gab es noch Anzeichen für eine Entspannung der Lage. Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi entliess den für die Polizei zuständigen Innenminister Rafik Belhaj Kacem. Damit wich die Regierung von ihrer bisherigen Politik ab. Noch vor wenigen Tagen hatte sie die Proteste als Terrorakte bezeichnet.
Ghannouchi kündigte an einer Medienkonferenz zudem die Freilassung aller im Zusammenhang mit den Unruhen festgenommenen Demonstranten an. Dies gelte allerdings nicht für Festgenommene, deren Schuld bewiesen sei.
Der Regierungschef gab auch bekannt, dass ein Ausschuss eingesetzt werde, um die von der Opposition und Bürgerrechtlern angeprangerten Fälle von Korruption zu untersuchen.
Für Berichte der Opposition, wonach auch der Generalstabschef des Heeres, Rachid Ammar, seines Postens enthoben wurde, gab es keine amtliche Bestätigung. Der General soll sich den Angaben zufolge geweigert haben, seinen Soldaten die Unterdrückung der Protestbewegung zu befehlen.
Soldaten in der HauptstadtDie Armee bezog erstmals seit Beginn der Proteste auch in der Hauptstadt Stellung. Bewaffnete Soldaten, gepanzerte Fahrzeuge und Geländewagen wurden an grossen Kreuzungen in der Innenstadt sowie in der Vorstadt Ettadhamoun postiert.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft