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Unspunnen-Sieger Stucki über Druck, Glück und Stallorder

(Keystone-SDA) Vor dem abschliessenden Gang zur Dopingkontrolle und dem Treffen mit der Familie spricht Unspunnen-Sieger Christian Stucki ein letztes Mal Auskunft über den aufregenden wie langen Tag in Interlaken.

Christian Stucki, wie fühlt es sich nun an als Unspunnen-Sieger?

Christian Stucki: “Die Gefühlslage ist natürlich sehr gut. Ich kann es noch nicht richtig fassen. Es war ein hartes Fest. Ich musste relativ früh anreisen, das hiess Tagwache um 4 Uhr, damit ich um 6 Uhr antraben konnte. Der Schlussgang um 18 Uhr nach 14 Stunden auf den Beinen war happig. Das hat man am Ende auch gesehen.”

Am Morgen lief es ja relativ gut. Hat Sie nach der Mittagspause der vierte Gang gegen Curdin Orlik etwas gebremst?

“Ja, er hat sehr stark geschwungen, zum Glück bezwang ich ihn zweimal. Das war ziemlich anstrengend. Im Schlussgang begannen nach fünf, sechs Minuten die Finger stark zu schmerzen. Ich musste ziemlich beissen. Wir waren beide ausgepumpt.”

Konnte man mit Fortdauer des Schlussgangs bei diesem Kräfteverschleiss überhaupt noch klar denken?

“Wir stiessen schon an unsere Grenzen. Ich weiss gar nicht, auf welche Weise ich gewonnen habe, dermassen kaputt war ich.”

Es war in den letzten Wochen viel von Mentalarbeit die Rede. Wie sehr half Ihnen diese konkret?

“Sie half nicht nur hier, sondern auch an den letzten Festen. Nach dem Bern-Jurassischen Ende Mai musste ich etwas ändern. Danach lief es ausgezeichnet. Ich wusste, dass ich gut in Form war. Es stimmte im Kopf, das sah man schon in den ersten Gängen. Und gegen Ende des Schlussganges hat es mir in die Karten gespielt.”

Reut es Sie nicht, erst im Alter von 32 Jahren diesen Weg gegangen zu sein?

“Meine Karriere war ja nicht so schlecht, kann ich behaupten (lacht). Einfach zum Königstitel reichte es noch nicht. 2019 bin ich 34, dann werde ich nochmals Anlauf nehmen.”

Im vierten Gang fielen Kilian Wenger, Bernhard Kämpf und Matthias Sempach aus der Entscheidung. Wurde dadurch der Druck auf Sie grösser?

“Bei den Gängen von Mättu (Sempach) und Kilu (Wenger) stand ich direkt dahinter. Einen Moment lang dachte ich schon daran, danach fokussierte ich mich wieder auf mich. Aber es gehört dazu, dass Teamkollegen verlieren.”

An eidgenössischen Anlässen redet man immer von Teamanlässen. Gab es eine Art Stallorder?

“Nein. Wenn zwei Schwinger im Schlussgang eines eidgenössischen Anlasses stehen, ist das kein Thema. Aber es wäre natürlich schade gewesen, wenn keiner von uns gewonnen hätte.”

Am Unspunnen 2006 konnten Sie wegen eines Schienbeininfekts nicht schwingen. Denkt man am Tag des Triumphes daran zurück?

“Ja, denn ich hatte grosses Glück, dass ich das Bein damals nicht verlor. Es hiess ja immer, ‘de Stucki chunt nie meh’.”

Schliesst sich für Sie damit der Kreis?

“Ja, es ist ein grosser Schritt, die Karriere abzurunden. Es ist ein sehr grosser Höhepunkt in meiner Karriere.”

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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