Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Velo-Initiative: Parlament zieht Gegenvorschlag der Initiative vor

Die Velo-Initiative genoss im Nationalrat zwar viel Sympathien. Einer Ratsmehrheit ging das Begehren aber zu weit. Sie sprach sich für den föderalistischen Gegenentwurf aus. (Symbolbild) Keystone/CHRISTIAN BEUTLER sda-ats

(Keystone-SDA) Die Förderung des Veloverkehrs ist im Parlament zwar weitgehend unbestritten. Die Velo-Initiative geht den beiden Räten aber zu weit. Wie der Ständerat bevorzugt auch der Nationalrat den Gegenvorschlag. Die Initianten stellen den Rückzug der Initiative in Aussicht.

Am Donnerstag stimmte die grosse Kammer dem Gegenvorschlag mit 120 zu 67 Stimmen zu und folgte damit der Empfehlung ihrer Verkehrskommission. Die Nein-Stimmen kamen aus dem SVP-Lager.

Die Volksinitiative “Zur Förderung der Velo-, Fuss- und Wanderwege” von Pro Velo, dem Dachverband für die Interessen der Velofahrenden, will erreichen, dass mehr Velowege erstellt und betrieben werden. Dafür soll der Verfassungsartikel über Fuss- und Wanderwege um den Begriff Velowege erweitert werden.

Die neue Verfassungsbestimmung würde den Bund verpflichten, Fuss-, Wanderweg und Velonetze zu fördern. Er müsste dafür auch Fördergelder zur Verfügung stellen.

Breites Wohlwollen

Dass Velofahren eine gute Sache sei, stellte im Nationalrat niemand in Abrede. Der Abstimmung ging denn auch ein parteiübergreifendes Loblied auf den Veloverkehr voraus. Dieser könne mithelfen, Verkehrsspitzen zu brechen, den Energieverbrauch zu senken und die “Volksgesundheit” zu fördern, hiess es von Ratsmitgliedern aller politischer Couleur.

Eine Förderungspflicht, wie sie die Initiative anstrebt, ging dem Nationalrat jedoch zu weit. Er lehnte die Velo-Initiative mit 121 zu 61 Stimmen bei 6 Enthaltungen ab. Unterstützung erhielt das Volksbegehren von der Ratslinken und vereinzelt aus der Mitte.

“Ein gelb markierter Streifen reicht nicht aus”, stellte Bastien Girod (Grüne/ZH) klar. Die fehlende Infrastruktur verhindere, dass die Schweiz ein Veloland werde. Auch Evi Allemann (SP/BE) plädierte dafür, mehr in sichere und bequeme Velowege zu investieren. Gegenüber dem Ausland bestehe Nachholbedarf.

Föderalismus geht vor

Weniger dramatisch sah die FDP die Situation. Der Veloverkehr werde in den Städten bereits massiv gefördert, betonte Fraktionssprecher Kurt Fluri (SO). An Grenzen stiesse die Förderung vor allem aufgrund räumlicher Einschränkungen.

Die FDP plädierte dennoch für den direkten Gegenvorschlag. Dabei machte Fluri auch taktische Gründe geltend, weil die FDP der Initiative an der Urne gute Chancen einräume. Der Gegenvorschlag sieht vor, dass der Bund Massnahmen der Kantone und Dritter unterstützen kann. Eine Pflicht zur Förderung ist nicht vorgesehen.

Diese Alternative kam auch bei anderen Parteien gut an. Der Bund greife nicht in kantonale Kompetenzen ein und beschränke sich auf subsidiäre Aufgaben, erklärte CVP-Fraktionssprecher Thomas Ammann. Bernhard Guhl (BDP/AG) argumentierte, damit würden Velo- den Fuss- und Wanderwegen in der Verfassung gleichgestellt.

Die Hauptforderung der Initiative sei gerechtfertigt, sagte auch Verkehrsministerin Doris Leuthard. Rund 80 Prozent aller zurückgelegten Bus- und Tramfahrten seien kürzer als fünf Kilometer. Hier könnten Strassen und der öffentliche Verkehr entlastet werden. Der Bund solle hierbei die Kantone und Gemeinden unterstützen können, ohne die föderale Zuständigkeit anzutasten.

Widerstand der SVP

Kritische Voten gab es in der Ratsdebatte von der SVP. Sie lehnte als einzige Fraktion auch den Gegenvorschlag ab. “Die Schweiz ist bereits ein Veloland”, konstatierte Fraktionssprecher Thomas Hurter (SH). Das System funktioniere hierzulande und der Gegenvorschlag verursache bloss zusätzliche Kosten.

Für den Bund entstehen damit zwar keine neuen finanziellen Verpflichtungen. Ganz gratis ist die Alternative jedoch in der Tat nicht zu haben. Die Kosten für die Umsetzung schätzt der Bundesrat auf rund eine Million Franken.

Chancenlos blieb ein Antrag aus den Reihen der SVP, dass der Bund Velowege nur ersetzen muss, wenn ein ausgewiesenes öffentliches Interesse besteht. Dieser Zusatz im Gegenvorschlag war nach Ansicht der Mehrheit unnötig, weil ein privates Interesse nicht genüge. Der Nationalrat verwarf den Antrag mit 119 zu 68 Stimmen.

Möglich ist, dass das Stimmvolk nach der Debatte im Nationalrat am Ende gar nie über die Initiative abstimmt. Evi Allemann vom Initiativkomitee stellte im Rat den Rückzug des Volksbegehrens in Aussicht, sofern der Gegenvorschlag unverändert durchs Parlament kommt. Das Geschäft muss nun noch die Schlussabstimmung überstehen.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft