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Venezuelas Führung spricht von Rebellion des Militärs

Jetzt greift er durch: Präsident Maduro hat mit Einsetzung der im wohlgesinnten Verfassungsgebenden Versammlung mehr Handlungsspielraum. Das bekam bereits die Generalstaatsanwältin zu spüren. KEYSTONE/EPA EFE / MIRAFLORES PRESS/MIRAFLORES PRESS HANDOUT sda-ats

(Keystone-SDA) In Venezuela hat die sozialistische Führung nach eigenen Angaben eine Rebellion von Teilen des Militärs unterdrückt. Sieben Personen seien nach einem Angriff auf einen Militärstützpunkt nahe der Stadt Valencia festgenommen worden, teilten die Behörden am Sonntag mit.

Der stellvertretende Sozialistenchef Diosdado Cabello sprach von einem “terroristischen Angriff”. Kurz darauf sagte er, die “Ausnahmesituation” sei unter Kontrolle.

Ein Augenzeuge berichtete, in der Nacht seien auf dem Gelände des Militärstützpunktes in der Stadt Naguanagua Gewehrschüssen gefallen. Die Behörden sprachen von “Terroristen”, die versucht hätten, Waffen zu stehlen. Sieben Personen seien nach dem Angriff auf den Militärstützpunkt festgenommen worden.

In einem Video erklärten mehrere Männer in Militäruniformen, sie wollten das Land zurück zur Demokratie führen und hätten einen Aufstand begonnen. “Dies ist kein Staatsstreich”, sagte ein Mann, der sich als Juan Carlos Caguaripano und früherer Offizier der Nationalgarden vorstellte. “Wir verlangen die sofortige Einsetzung einer Übergangsregierung.” Im Video rief die Gruppe zur landesweiten Erhebung gegen den sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro auf.

Konkurrentin abgesetzt

Venezuela steckt in einer schweren Krise. Seit Monaten protestieren zahlreiche Menschen gegen Maduro, den sie für die wirtschaftliche Misere des ölreichen Landes verantwortlich machen. Derweil schreitet der Umbau in eine sozialistische Diktatur rasant voran.

Maduro setzte eine Verfassungsversammlung durch, die am Wochenende umgehend seine ärgste Kritikerin, Generalstaatsanwältin Luisa Ortega, absetzte. Ihr soll der Prozess gemacht werden. Zum Nachfolger wurde ein Vertrauter Maduros, Tarek William Saab, ernannt.

Ortega stammt aus dem sozialistischen Lager und stand anfangs auf Maduros Seite. Sie wurde aber in den vergangenen Monaten zu seiner ärgsten Gegnerin, seit es immer wieder zu Massenprotesten gegen die Regierung kommt.

Die Juristin wirft Maduro Menschenrechtsverletzungen vor und beschuldigt die Regierung, Angaben über die Beteiligung an der Wahl der Verfassungsversammlung gefälscht zu haben. Die Opposition boykottierte die Abstimmung, so dass ausschliesslich Verbündete Maduros in dem Gremium sitzen, das sich am Freitag konstituierte. Es kann das Parlament auflösen, in dem die Opposition die Mehrheit hat, und soll für zwei Jahre amtieren.

Unterdessen wurde am Samstagabend der Oppositionspolitiker Leopoldo Lopez nach viertägiger Inhaftierung wieder in den Hausarrest entlassen. Er war wegen seiner führenden Rolle bei Protesten gegen die Regierung im Jahr 2014 zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Kritik der südamerikanischen Staaten

Wegen der Einsetzung der Verfassungsversammlung wächst der internationale Druck. Nachdem zunächst die USA Sanktionen gegen ranghohe Personen aus Venezuela verhängt hatten, setzte der südamerikanische Wirtschaftsbund MERCOSUR Venezuelas Mitgliedschaft dauerhaft aus.

Die Aussenminister von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay forderten Maduro zudem auf, Häftlinge freizulassen und einen politischen Übergang einzuleiten.

Auch aus dem benachbarten Kolumbien kam massive Kritik. Die Entlassung Ortegas sei der erste diktatorische Akt einer unrechtmässigen Verfassungsversammlung, twitterte Staatschef Juan Manuel Santos. Chiles Präsidentin Michelle Bachelet sprach von einem weiteren Schritt des Zusammenbruchs der Demokratie in Venezuela.

Die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse tragen die neuen US-Sanktionen mit. Die UBS halte sich an die Sanktionen, sagte Banksprecherin Karin Aquilino auf Anfrage zu einem entsprechenden Artikel der “SonntagsZeitung”.

Bei der zweitgrössten Schweizer Grossbank hiess es: “Als globale Bank hält die Credit Suisse die verschiedenen nationalen und internationalen Sanktionsprogramme ein. Wir werden die Situation weiterhin genau verfolgen.”

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