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Vor einem Jahr donnerte in Bondo der Fels

Am 23. August 2017 ereignete sich am Piz Cengalo im Bergell einer der grössten Bergstürze der Schweiz in der jüngeren Zeit. Bondo wurde von anschliessenden Murgängen schwer getroffen. (Archivbild) KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER sda-ats

(Keystone-SDA) Heute vor einem Jahr erschütterte der riesige Bergsturz von Bondo das südbündnerische Bergell. Das Bergdorf wurde von anschliessenden Murgängen schwer getroffen und musste vorübergehend evakuiert werden.

Am Morgen des 23. August letzten Jahres donnerten 3,1 Millionen Kubikmeter Fels vom Piz Cengalo ins Val Bondasca, das Volumen von 3000 Einfamilienhäusern. Es handelte sich um einen der grössten Bergstürze in der Schweiz seit dem Grossereignis im glarnerischen Elm im Jahr 1881.

Acht Bergwanderer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sich im Seitental hinter Bondo aufhielten, werden seit dem Bergsturz vermisst. Sie gelten als tot.

Nach dem Bergsturz wälzten sich Murgänge das Val Bondasca hinab und trafen Bondo schwer. Erdmassen verschütteten Teile des 150-Seelen-Dorfes und auch die benachbarten Spino, Sottoponte und Promontogno wurden von den Murgängen gestreift. Alle Ortschaften gehören zur Talgemeinde Bregaglia.

147 Personen evakuiert, 99 Gebäude beschädigt

Insgesamt flossen 500’000 Kubikmeter Bergsturzmaterial bis nach Bondo und füllten das Rückhaltebecken, welches dieses Volumen nicht fassen konnte und überlief. 147 Personen mussten über mehrere Wochen evakuiert werden, bis Schutzbauten und Infrastruktur einigermassen wieder hergestellt waren. Zehn Personen konnten nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren.

Insgesamt wurden 99 Gebäude, darunter zahlreiche Ställe und Maiensässe, beschädigt, ein Drittel davon irreparabel. Der Schaden beläuft sich auf 12,5 Millionen Franken. Zudem entstand an der Gemeindeinfrastruktur ein Schaden von gut zehn Millionen Franken. Der Gesamtschaden wird auf 41 Millionen Franken geschätzt.

Bei den Räumungs- und Wiederherstellungsarbeiten wurden die Einsatzkräfte von Gemeinde und Kanton vom Zivilschutz und der Armee unterstützt. Diese leisteten bis Dezember 4400 Diensttage.

Bondo und das Bergell erlebten eine schweizweite Welle der Solidarität. Bei der Glückskette, der Patenschaft für die Berggebiete und der Gemeinde Bregaglia gingen Spenden von fast 14 Millionen Franken ein.

Nächster Bergsturz droht

Ein Jahr nach dem Bergsturz ist die Infrastruktur weitgehend wieder aufgebaut und ein grösseres provisorisches Auffangbecken für Geröll ist erstellt. Die Gemeinde legte dem Bund ein Konzept für definitive Schutzbauten vor. Auf 23 Millionen Franken werden die Kosten geschätzt.

Derweil bewegt sich am Piz Cengalo wieder der Berg. Drei Millionen Kubikmeter sind in Bewegung, fast so viel wie 2017 abstürzten. Experten schliessen grössere Bergstürze noch in diesem Jahr nicht aus. Zudem drohen erneute Murgänge vom niedergegangenen Bergsturzmaterial im Val Bondasca.

Die Schutzbauten sind für eine erste grosse Murgangswelle konzipiert und sollen den Menschen genug Zeit geben, sich in Sicherheit zu bringen. Erneute Evakuierungen danach werden nicht ausgeschlossen. Für die Einwohner von Bondo ist das die neue Realität.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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