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Zuversicht beim Saisonstart des Nationalteams

(Keystone-SDA) Mit dem Länderspiel gegen Kanada am Deutschland-Cup in Augsburg startet das Eishockey-Nationalteam am Freitag (16.00 Uhr) in die neue Saison. Die Zuversicht ist gross. Viel grösser als auch schon.

Die Zeichen stehen gut, dass nach drei turbulenten Jahren (seit der Verband 2013 den Vertrag mit Nationaltrainer Sean Simpson nicht mehr verlängern wollte) rund um die Nationalmannschaft wieder Ruhe einkehrt. Obwohl es starke Kräfte gab, die Patrick Fischer (41) im Sommer nach der missglückten WM in Moskau weg haben wollten, wurde der Vertrag mit dem Coach um zwei Jahre verlängert.

Neue Philosophie

Erstmals seit dem Abgang von Ralph Krueger (2010) reist die Schweiz wieder mit einer Nationalmannschaft an den Deutschland-Cup, die diese Bezeichnung auch verdient. “Wir wollen davon wegkommen, dass jedermann in der NLA ein Nationalspieler ist”, erklärt Patrick Fischer. “Früher sind die Nationalspieler Jahr für Jahr vor der WM-Vorbereitung dreimal eingerückt – im November, im Dezember, im Februar. Jetzt lautet das Ziel, im November und auch am Heimturnier in Biel im Dezember mit der stärkstmöglichen Mannschaft anzutreten. Nur im Februar in die Slowakei werden wir mit einem ganz jungen Team anreisen.”

Die neue Philosophie ist klar: Nur wer die Chance hat, im Frühling auch an der Weltmeisterschaft mit von der Partie zu sein, soll in den ersten beiden Zusammenzügen der Saison aufgeboten werden. Fischer: “In den letzten Jahren waren bei diesen Zusammenzügen viele Spieler dabei, von denen man ahnte, dass sie nie an einer Weltmeisterschaft würden spielen können.”

Zwölf WM-Teilnehmer

Mit zwölf WM-Teilnehmern reiste die Schweiz diese Woche ins Bayerische. Ein Aufgebot hätten auch Denis Hollenstein, Kevin Romy und Damien Brunner erhalten; sie mussten jedoch wegen Verletzungen absagen. Mit Eric Blum, Patrick Geering, Gregory Hofmann, Yannick Rathgeb, Reto Schäppi, Tristan Scherwey und Julian Walker sind sogar sieben Akteure in Augsburg dabei, die am letzten und am nächsten Dienstag in der Champions Hockey League im Einsatz stand standen beziehungsweise stehen. Diese Spieler reisten einen Tag später an und dürfen zum Teil einen Tag früher nach Hause. “Natürlich hätte ich lieber alle Spieler eine ganze Woche lang zur Verfügung”, sagt Fischer. “Aber dass diese Spieler am Turnier zumindest zwei der drei Spiele mitmachen, werte ich schon als Erfolg und als Fortschritt.”

Fortschritte will die Nationalmannschaft nicht nur neben dem Eis erzielen. An der WM in Moskau wurden die Viertelfinals trotz williger Spieler und beherzter Leistungen verpasst, weil die Defensive und das Unterzahlspiel überhaupt nicht funktionierten. Das bewog Fischer zu Umstellungen im System. “Meine Ideen warf ich nicht alle über Bord. Wir wollen weiter dem Gegner keinen Platz lassen, den Puck so schnell wie möglich zurückerobern und offensiv spielen. Wir Schweizer müssen in Scheibenbesitz stärker werden, um den immer noch grossen Rückstand zu den in der Weltrangliste vor uns klassierten Nationen (Kanada, USA, Russland, Tschechien, Schweden, Finnland) aufzuholen. Aber in der defensiven Zone werden wir ein, zwei Sachen im System ändern.”

Prominenter Assistent

Fischer schätzt sich selber als guten Taktiker ein. Er räumte bei der WM-Analyse indessen ein, mit einem zu wenig einfachen Defensivkonzept (“Overload”) die Spieler, die teils erst bei der Abreise nach Moskau zum WM-Team stiessen, überfordert zu haben. Die Folge war: Das Schweizer System wirkte wirr und konfus. Der Schweiz wurde systemloses Pausenplatz-Hockey unterstellt. Damit sich das nicht wiederholt, erhielt Fischer prominente Verstärkung. Sein neuer Assistent ist die 52-jährige schwedische Verteidiger-Legende Tommy Albelin. Albelin bestritt 1047 NHL-Partien, nahm als Spieler und Trainer (Assistent von Bengt-Ake Gustafsson in Vancouver 2010) an Olympischen Spielen teil, war Weltmeister und gewann zweimal den Stanley Cup.

Derweil Fischer ein offensiver Freidenker ist, gilt für Albelin: “Defense first!” Mit einer guten Offensive könne man Überraschungen schaffen und schöne, feine Siege erringen. Aber Meistertitel und wirkliche Grosserfolge basierten immer auf einem soliden, starken, defensiven Fundament, sagt Albelin.

Albelin kann zur besten und wichtigsten Verpflichtung im Schweizer Eishockey der letzten Jahre werden. Denn Fischer kann es sich auch als Chef nicht leisten, Einwände seines viel erfahreneren Assistenten einfach in den Wind zu schlagen. Ausserdem dient Albelin dem Nationalcoach als kompetenter Gesprächspartner in allen sportlichen Fragen, was wichtig ist in einem Verband, in dem sportliches Know-how in den letzten Jahren in rauen Mengen verloren ging und nicht ersetzt wurde. Gerade in dieser Woche verliess mit Ueli Schwarz ein weiterer “Techniker” den Schweizer Verband.

Albelin gehörte von 2007 bis 2015 zum Coaching-Staff der New Jersey Devils, dem in dieser Zeit defensivsten NHL-Team überhaupt. Er residiert weiter in New Jersey und reist nur für die Nationalmannschafts-Zusammenzüge in die Schweiz. Andererseits kann er im Grossraum New York ausgezeichnet und regelmässig den Kontakt zu den Schweizer NHL-Spielern halten.

Der Deutschland-Cup beginnt für die Schweiz mit dem Spiel gegen Kanada. Tobias Stephan wird im ersten Spiel das Tor hüten. Robert Mayer wird am Samstag gegen Deutschland vor dem Kasten stehen. Das Team Canada startet als Favorit ins Turnier in Augsburg. Dave King kehrt als Trainer an die Bande zurück. Im Aufgebot stehen diesmal nicht grösstenteils Kanadier aus der Deutschen Eishockey-Liga DEL, sondern 13 Kanadier, die in der KHL ihr Geld verdienen. Auch Deutschland und die Slowakei starten mit routinierten Teams. Für den deutschen Nationalcoach Uwe Krupp ist der Deutschland-Cup der einzige Zusammenzug bis zur WM-Vorbereitung im Frühling.

Zuschauermässig verspricht der Deutschland-Cup, der in einem Jahr während der Olympiasaison 2017/18 nicht stattfinden wird, ein Erfolg zu werden. Im Vorverkauf wurden bereits 23’000 Tickets verkauft.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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