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Apartheid-Opfer wollen Rekurs einlegen

Kein Gehör für die Opfer der südafrikanischen Apartheid. Keystone Archive

Ein Bundesrichter in den USA hat eine Klage von Opfern der Apartheid Südafrikas gegen internationale Unternehmen abgewiesen.

Betroffen waren auch Schweizer Firmen und Banken. Die Anwälte einiger Kläger wollen nun Rekurs gegen das Urteil einlegen.

Als Begründung für die Ablehnung der Klage nannte Bundesrichter John Prizzo am Dienstag in New York einen Mangel an Beweisen.

Es sei zwar unbestritten, dass während des Apartheidregimes “abscheuliche” Taten begangen worden seien und dass die Entscheidung der Unternehmen, mit der südafrikanischen Regierung Geschäfte zu machen, “moralisch zweifelhaft” gewesen seien, sagte Prizzo.

Es sei jedoch Aufgabe des Gerichts, Gesetze anzuwenden und nicht “ein moralisches Ideal” durchzusetzen.

Mit ihrer Sammelklage wollten die Kläger im Namen von Millionen Apartheidopfern Schadenersatz erstreiten. Nun haben sich die Anwälte der Khulumani-Klage entschieden, gegen das Urteil Rekurs einzulegen.

Die Anwälte kritisierten, dass Prizzo für alle Kläger gleich entschieden habe. Ob auch andere Kläger gegen den erstinstanzlichen Entscheid rekurrieren werden, ist noch nicht bekannt.

Auch Schweizer Firmen

Zu den rund 30 verklagten Unternehmen zählen neben Shell, Citigroup, IBM, Barclays, JP Morgan Chase, General Motors und ExxonMobil auch die Schweizer Konzerne Credit Suisse, UBS, Novartis, Nestlé und Ems.

Die Ölunternehmen wurden wegen Missachtung internationaler Embargos verklagt. Die Computerfirma IBM wurde beschuldigt, der südafrikanischen Apartheid-Regierung die Technologie für ein Überwachungssystem der schwarzen Bevölkerung geliefert zu haben.

Mit Hilfe der “Passbooks” wurden die Bewegungen der schwarzen Südafrikaner, ihre Wohnorte und ihre Arbeitsplätze kontrolliert.

Opferanwalt Ed Fagan bezeichnete die richterliche Entscheidung als “diskriminierend”.

Der umstrittene Staranwalt hatte in einem Prozess in den USA Entschädigungs-Zahlungen über 1,25 Mrd. Dollar von Schweizer Banken erwirkt, die während der Nazi-Zeit in Deutschland Konten mit beschlagnahmten jüdischen Guthaben verwaltet hatten.

UBS und CS zufrieden

“Wir haben den Entscheid von Richter Prizzo mit Befriedigung zur Kenntnis genommen”, sagte UBS-Sprecherin Monika Dunant.

Er verdeutliche, dass es keine Verbindung gegeben habe zwischen der Geschäftstätigkeit europäischer oder amerikanischer Banken in Südafrika und dem, was der Bevölkerung unter der Apartheid widerfahren sei.

Auch die Credit Suisse zeigte sich befriedigt. “Wir sind erfreut über den Entscheid, weil wir immer der Ansicht waren, die Klage sei ungerechtfertigt”, sagte CS-Sprecher Andrés Luther.

Enttäuscht gab sich Barbara Müller, Koordinatorin der Kampagne für Entschuldung und Entschädigung im südlichen Afrika (KEESA), der rund 40 nichtstaatliche Organisationen (NGOs) angeschlossen sind.

Die unterlegenen Kläger könnten in ihrem Rekurs auf die Unterstützung der KEESA zählen, hiess es.

Klage auch bei Verstössen im Ausland

Opfer von Menschenrechts-Verletzungen haben die Möglichkeit, in den USA Klage einzureichen, selbst wenn die Verstösse in anderen Staaten begangen wurden.

Der Supreme Court hatte am 6. Juli entschieden, dass ein Gesetz von 1789 weiter angewendet werden kann, unter dem Geschädigte in den USA klagen können, selbst wenn sich der Schaden in einem Drittstaat – in diesem Falle Südafrika – ereignet hat.

Zulässig sind Klagen bei Zuwiderhandlungen gegen international definierte Rechtsnormen wie Genozid, Sklaverei und schwere Menschenrechts-Verletzungen.

In einer Fussnote mit direktem Bezug auf Apartheid-Klagen hatten die obersten Richter aber die Bundesrichter dazu aufgerufen, die Aussenpolitik der USA in ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.

swissinfo und Agenturen

Tausende Schwarze beschuldigten 2002 über 120 Welt-Firmen, von der Apartheid profitiert zu haben.

Der Alien Tort Act von 1789 ermächtigt US-Gerichte zu Urteilen in bestimmten Bereichen des internationalen Rechts.

Die südafrikanische Regierung lehnte die Klagen immer ab. Sie würden der Wirtschaft des Landes schaden.

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