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Atomstreit mit Iran: Schweiz setzt auf Diplomatie

Iran wird weiter Uran anreichern, zum Beispiel in der Anlage von Nenthaz. Keystone

Da Iran laut dem jüngstem US-Geheimdienstbericht den Bau von Atomwaffen längst unterbrochen hat, favorisiert die Schweiz erst recht eine diplomatische Lösung.

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel Frankereich, die für eine Verschärfung der Sanktionen eintreten, setzt sich Bern für den Dialog ein.

“Der US-Geheimdienstbericht bekräftigt die Idee, dass in dieser Sache eine diplomatische Lösung gefunden werden muss”, sagte Lars Knuchel, Mediensprecher des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hatte erst kürzlich betont, die Schweiz habe als neutrales Land und ohne versteckte Interessen die Berufung, den direkten und korrekten diplomatischen Dialog zu fördern.

Den Geheimdiensten zufolge arbeitet der Iran gegenwärtig nicht an Atomwaffen. Das Land arbeite aber weiter an der Technik, die es in die Lage versetzen könnte, zwischen 2010 und 2015 genügend waffenfähiges Uran anzureichern.

Noch 2005 hatten die US-Dienste den Iran als entschlossen bezeichnet, Atomwaffen herzustellen.

Schweiz und IAEA einig

Die Einschätzung der Schweiz deckt sich mit jener der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA). Deren Chef, Mohammed El Baradei, zeigte sich zuversichtlich, dass der Streit nun beigelegt werden könne.

IAEA-Inspektoren waren bei Besuchen im Iran mehrmals auf nicht angemeldete Aktivitäten gestossen. Sie zogen daraus jedoch nicht die Schlussfolgerung, das Land arbeite an Atomwaffen.

Bush skeptisch – Iran sieht sich bestätigt

Trotz Entwarnung seiner Geheimdienste hält US-Präsident George W. Bush den Iran weiter für eine Gefahr. Deshalb halte er sich im Atomstreit mit Iran alle Optionen offen, sagte er.

Die iranische Regierung sieht sich nach dem neusten Bericht von Vorwürfen entlastet, unter dem Deckmantel der Energieerzeugung nach Atomwaffen zu streben. Aussenminister Manuchehr Mottaki sagte: “Der Welt wird nun klar, dass die atomaren Aktivitäten des Iran friedlichen Zielen dienen.”

Israel, Grossbritannien und Frankreich verlangen mehr Druck

Israel zeigte sich von den neuesten Erkenntnissen der US-Geheimdienste unbeeindruckt. Ministerpräsident Ehud Olmert forderte unverminderten Druck, um den Iran zur Aufgabe seines Atomprogramms zu zwingen.

Auch Grossbritannien und Frankreich, die im UNO-Sicherheitsrat wie die USA, Russland und China ein Vetorecht haben, forderten weitere Daumenschrauben für die Führung in Teheran. Dieser Ansicht ist auch der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier.

China hat dagegen seinen Willen bekräftigt, eine Dialoglösung zu finden. Der russische Präsident Wladimir Putin forderte bei einem Treffen mit dem iranischen Chefunterhändler Said Dschalili in Moskau, das Atomprogramm Teherans müsse transparent sein und unter Kontrolle der IAEA bleiben.

Neue Massnahmen

Nach Einschätzung des chinesischen UNO-Botschafters stellen die US-Geheimdienstberichte weitere Sanktionen gegen Teheran in Frage. Der UNO-Sicherheitsrat müsse bei diesen Überlegungen nun von einer veränderten Ausgangslage ausgehen, sagte Wang Guangya.

Der Weltsicherheitsrat wird sich voraussichtlich am Samstag mit dem iranischen Atomprogramm auseinandersetzen. Er hat bereits zwei Mal Strafmassnahmen gegen den Iran verhängt, weil das Land nicht auf die Urananreicherung verzichten will.

China und Russland gehören im Atomstreit zu den einflussreichsten Verbündeten Teherans. Moskau hat sich bislang im Sicherheitsrat allen Bemühungen des Westens um eine Verschärfung der Sanktionen widersetzt.

swissinfo und Agenturen

Im so genannten National Intelligence Estimate, in dem die Erkenntnisse aller 16 US-Geheimdienste gebündelt werden, heisst es, Teheran habe auf diplomatischen Druck sein Nuklearwaffenprogramm bereits im Herbst 2003 auf Eis gelegt.

Die Regierung sei offenbar weniger entschlossen, Atomwaffen zu entwickeln, als seit 2005 angenommen.

Allerdings reichere der Iran weiterhin Uran an. Damit könnte das Land frühestens 2010 oder 2015 in der Lage sein, Atomwaffen zu entwickeln, heisst es.

Die Schweiz wurde mehrere Male als Vermittlerin zwischen den USA und dem Iran ins Spiel gebracht. Bern soll sogar einen Etappenplan ausgearbeitet haben.

Laut Diplomaten sieht der “Schweizer Plan” eine simultane Einstellung der iranischen Urananreicherung und die Sistierung der Sicherheitsrat-Sanktionen gegen Iran vor.

Dies könnte die Aufnahme von Verhandlungen zwischen Teheran und den “P5+1” erleichtern, den fünf permanenten Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates und Deutschland.

Das EDA hat dazu nicht Stellung genommen.

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