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Auns vor Zerreissprobe wegen Personenfreizügigkeit

SVP-Nationalrat Pirmin Schwander, Präsident der Auns, in Bern. Keystone

Die Personenfreizügigkeit mit den EU-Staaten spaltet nach der Schweizerischen Volkspartei nun auch die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz. Eine Unterschriftensammlung für das Referendum sorgt für heisse Köpfe.

Am Wochenende hatte der Vorstand der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) entschieden, das Referendum der Jungen Schweizerischen Volkspartei (SVP) gegen die Personenfreizügigkeit zu unterstützen und den Auns-Mitgliedern Unterschriftenbogen zuzustellen.

Ein Entscheid, mit dem sich einige Vorstandsmitglieder nicht abfinden wollten. Man solle doch nochmals darüber abstimmen, ob die Unterschriftenbogen wirklich verschickt werden sollen, forderten die Gegner den Auns-Präsidenten Pirmin Schwander auf, mit der Begründung, dass einige Vorstandsmitglieder bei der ersten Umfrage nicht erreichbar waren.

Nach mehreren Umfragen per SMS und E-Mail habe sich der Vorstand schliesslich mit zehn zu sieben Stimmen gegen das Verschicken der Unterschriftenbogen entschieden.

Der Grund für die Aufregung ist verständlich: Die Auns zählt rund 45’000 Mitglieder. Unterstützt sie die Unterschriftensammlung, so wäre das Zustandekommen des Referendums praktisch sicher.

Verärgerter Präsident

Schwander ist verärgert. Er sei ebenfalls SVP-Nationalrat, sagte er gegenüber Schweizer Radio DRS, doch er könne dies von seiner Funktion in der Auns trennen. Dies falle einigen Vorstandsmitgliedern offenbar schwerer. Sie betrieben in der Auns reine SVP-Politik.

Auch SVP-Grossrat und Auns-Vorstandsmitglied Thomas Fuchs ist der Meinung, dass man zwischen SVP und Auns unterscheiden müsse. “Die Auns ist eine überparteiliche Organisation, man sollte die Argumente nicht vermischen”, sagt Fuchs gegenüber swissinfo, “denn der Grossteil der Auns-Mitglieder ist nicht in der SVP”.

Die Auns sei gegen den EU-Beitritt und alles, was diesen in irgendeiner Weise befürworte, müsse man ablehnen. Er selbst ist denn auch für das Referendum.

“Für mich geht es bei diesem Thema nicht um Leben und Tod der Auns”, so Fuchs. Es sei natürlich ein gewisser Konflikt, wenn man bei der SVP sagt, man sei gegen das Referendum, und bei der Auns dafür sei.

“Man wird sofort gegeneinander ausgespielt.” Doch bei der Auns sei man sich gewohnt, dass es Differenzen gebe, ohne dass man gleich austreten müsse, so Fuchs.

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Mörgeli gibt sich wortkarg

Der redegewandte SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli, ebenfalls Vorstandsmitglied der Auns, aber auf der Linie des abgewählten Bundesrats Christoph Blocher, gibt sich für einmal wortkarg. Er sei gegen ein Referendum und dagegen, dass Unterschriftenbogen an die Auns-Mitglieder verschickt würden, sagt er gegenüber swissinfo.

Der SVP-Kurs sei mit der Auns-Politik vereinbar: “Beide setzen sich für die Neutralität und Unabhängigkeit der Schweiz ein”, so Mörgeli: “Im Auns-Vorstand sitzen ja nicht nur SVP-Politiker.”

Er glaube nicht, dass die aktuelle Debatte die Auns spalten werde. Die Auns sei auch früher mit Blocher nicht immer der gleichen Meinung gewesen.

Ob die Auns nun das Referendum der Jungen SVP unterstützt, ist noch nicht klar. Während Präsident Schwander Ende Juli eine Vorstandssitzung einberufen will, an der die Mehrheit der Anwesenden entscheiden soll, drängen andere auf einen Entscheid in den nächsten Tagen.

SVP zurückgekrebst

Mitverantwortlich für den schiefen Haussegen in der Auns ist der letzten Dezember nicht mehr wiedergewählte Bundesrat Christoph Blocher, Übervater der SVP und Gründer der Auns.

Nachdem das Parlament entschieden hatte, die Ausdehnung und Weiterführung der Personenfreizügigkeit dem Volk als Paket zur Abstimmung vorzulegen, war Blocher zurückgekrebst.

Er, der ankündigt hatte, die SVP werde in jedem Fall das Referendum ergreifen, riet seiner Partei plötzlich, dies zu unterlassen. Die Delegierten beschlossen am 5. Juli denn auch, auf ein Referendum zu verzichten.

swissinfo, Corinne Buchser

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Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) ist ein Verband, der 1986 nach dem Nein des Stimmvolks zum UNO-Beitritt der Schweiz gegründet wurde.

Wie der Name antönt, ist das Ziel die Erhaltung von Unabhängigkeit und Neutralität des Landes. Die Auns wehrt sich namentlich gegen eine zu grosse Annäherung an die Europäische Union (EU) und stigmatisiert den Aktivismus der Aussenpolitik.

Der ehemalige Justizminister Christoph Blocher von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) war seit der Gründung bis 2003 Präsident der Auns.

Im 19-köpfigen Vorstand sitzen sechs amtierende SVP-Nationalräte.

Ende 2004 zählte die Auns 45’000 Mitglieder.

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