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Ausländer immer besser qualifiziert

Immer mehr gut ausgebildete Ausländer arbeiten im Dienstleistungs-Sektor. Keystone

Mehr als die Hälfte der in den vergangenen zwei Jahren neu in die Schweiz Eingewanderten, die hier arbeiten, besitzen einen Uni-Abschluss.

Im 2. Quartal 2003 waren über 800’000 Ausländer erwerbstätig. Zusätzlich gingen 250’000 Grenz-Gänger, Kurzaufenthalter und Asylbewerber einer Arbeit nach.

Das Bild der Ausländer in der Schweiz könnte sich bald grundlegend ändern. Während in der öffentlichen Meinung immer noch das Klischee des schlechtqualifizierten Gastarbeiters vorherrscht, zeigen die Einwanderungs-Statistiken in eine ganz andere Richtung.

Seit mindestens zehn Jahren wächst der Anteil an Hochqualifizierten unter den ausländischen Arbeitskräften, die meist aus den west- und nordeuropäischen EU- und EFTA-Staaten in die Schweiz kommen. In den letzten zwei Jahren überstieg ihr Anteil erstmals die 50%-Marke.

Weltweit gesucht

Das sei eine erfreuliche Bilanz im Brain-Drain/Brain-Gain-Wettbewerb der Industrienationen, sagt Rainer Winkelmann, Professor am Sozialökonomischen Institut der Uni Zürich gegenüber swissinfo: “Es zeigt, dass das Land erfolgreich ist im Wettbewerb um diese qualifizierten Leute. Die sind ja weltweit sehr gesucht.”

“In den letzten Jahren konnte man in der Schweiz vermehrt ein Manko an qualifiziertem Personal feststellen”, kommentiert Kurt Rohner vom Bundesamt für Ausländerfragen gegenüber swissinfo. “Deshalb ist die Rekrutierung solcher Leute für den Arbeitsmarkt wichtig.”

Jeder 5. Erwerbstätige ist Ausländer

Laut den am Montag veröffentlichten Ergebnissen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) des Bundesamtes für Statistik (BfS) waren im Zeitpunkt des 2. Quartals 2003 rund 809’000 Personen oder jeder Fünfte der insgesamt 3,95 Millionen in der Schweiz Erwerbstätigen ausländischer Nationalität.

Natürlich haben auch ausländische Unternehmen ausländische Arbeitskräfte gesucht, so Rohner. Aber schweizerische hätten dies ebenso getan. Leider gäbe es zu dieser Aufteilung keine Zahlen.

Bekannt jedoch ist, dass sich in allen Industrieländern ähnliche Einwanderungs-Muster anbahnen. “Die Schweiz muss sich im Wettbewerb um diese Leute nicht nur gegen die europäischen Länder durchsetzen, sondern auch gegen klassische Einwanderungsländer wie die USA, Kanada oder Neuseeland”, sagt Winkelmann.

Die 809’000 erwerbstätigen Ausländer sind in der Schweiz Niedergelassene und Aufenthalter. Diese Zahl schliesst 250’000 weitere Ausländer aus, die als Grenzgänger, Kurzaufenthalter oder Asylbewerber ebenfalls einer Arbeit im Land nachgehen, aber im vorliegenden Fall nicht auf ihre Qualifikation untersucht wurden. Ihre Anzahl ist im Vergleich zu 2002 um 3,3% oder 8000 Personen gewachsen.

Über die Hälfte der Eingewanderten mit Uni-Abschluss

Neu ist folgender Trend: 57,6% der ausländischen Aufenthalter und Niedergelassenen, die innerhalb der letzten zwei Jahre als Erwachsene in die Schweiz eingewandert und hier erwerbstätig sind, weisen eine universitäre oder gleichwertige Ausbildung auf.

Dieses statistische Bild weicht markant ab vom Bild der seit längerem hier erwerbstätigen Ausländer. Bei den Ausländern, die schon über zehn Jahre hier arbeiten, beträgt der Anteil mit Uniabschluss lediglich knapp 19%. Bei jenen, die zwischen 5 und 10 Jahre hier arbeiten beträgt der Anteil knapp 35,9% und bei jenen schliesslich, die zwischen 2 und 5 Jahren hier arbeiten, erreicht der Anteil knapp 50%.

Der Anteil an Qualifizierten innerhalb der ausländischen Erwerbsbevölkerung steigt also mindestens seit einem Jahrzehnt kontinuierlich und stark.

Immer mehr Jobs im tertiären Sektor

Von den Ausländern, die in den letzten zwei Jahren eingewandert sind, arbeiten 78% im Dienstleistungssektor. Dabei handelt es sich um Arbeiten in Gesundheits-, Lehr- und Kulturberufen sowie in der Wissenschaft. Hoch ist auch der Anteil bei Management, Verwaltung, Banken und Versicherungen sowie im Rechtsbereich.

Dagegen sind sehr wenige der Neuangekommenen in den traditionell von “alteingesessenen” Ausländern dominierten Branchen in Industrie und Gewerbe zu finden.

Folgen der bilateralen Verträge I

Seit dem Inkrafttreten der Bilateralen I müssen sich EU-Ausländer, die in der Schweiz arbeiten, wegen der Personen-Freizügigkeit zum Teil nicht mehr anmelden. Statistisch verwässert dies das Bild der Ausländeranalysen im Bereich Erwerbstätigkeit, Branchenzugehörigkeit und Beruf.

Deshalb wurde die traditionelle SAKE-Stichprobe 2003 durch eine Stichprobe von 15’000 Personen aus dem Zentralen Ausländerregister (ZAR) ergänzt. Dies geht auf einen Beschluss des Bundesrats zurück, die Auswirkungen der Personen-Freizügigkeit zwischen der EU und der Schweiz genauer zu beobachten.

Schweiz ein attraktiver Arbeitsstandort

“Die Präsenz von gut qualifizierten Ausländern auf dem Schweizer Arbeitsmarkt wirkt stimulierend für den Schweizer Markt”, so Kurt Rohner. “Ausserdem verdienen die Leute meist überdurchschnittlich, so dass dies auch einer Stimulierung der Schweizer Wirtschaft gleichkommt.”

Travail.Suisse hält als Reaktion zu den publizierten Zahlen fest, dass diese nur einen Teil der Wirklichkeit spiegeln. Nur ein Viertel der Ausländer, die in der Schweiz eine Beschäftigung ausüben, befinde sich laut der Dachorganisation der Gewerkschaften im lukrativen Bereich. Viele Ausländer kämen weiterhin über Asylgesuche und schwarz auf den Arbeitsmarkt.

swissinfo

Die Schweiz zählt 3,95 Mio. Erwerbstätige.
Davon sind rund 809’000 Ausländer. Das entspricht einem Fünftel.
Dazu kommen 250’000 Ausländer, die als Grenzgänger, Kurzaufenthalter oder Asylbewerber hier arbeiten.
Unter den 809’000 erwerbstätigen Ausländern figurieren 174’000 Italiener, 79’000 Deutsche und 167’000 Südost-Europäer.
57% jener Ausländer, die in den letzten zwei Jahren einwanderten, besitzen ein Uni- oder gleichwertiges Abschlusszeugnis.

Seit dem Inkrafttreten der Bilateralen I müssen sich Ausländer aus EU-Ländern, die in der Schweiz arbeiten, zum Teil nicht mehr anmelden.

Dies bewirkt, dass die Ausländerstatistiken nicht mehr so vollständig nachgeführt werden können wie vorher.

Die Aussagekraft der Ausländerstatistiken im Bereich Erwerbstätigkeit, Branche und Beruf nimmt deshalb ab.

Aus diesem Grund ist seit 2003 die traditionelle statistische Ausländer-Stichprobe der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) durch eine zweite Stichprobe von 15’000 Personen aus dem Zentralen Ausländerregister (ZAR) ergänzt worden.

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