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Auslandschweizer in Frankreich vor Herausforderungen

Jacques-Simon Eggly, Präsident der ASO (stehend) erinnerte an die wichtige Rolle der Auslandgemeinde in Zeiten der Krise. swissinfo.ch

In Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise braucht der Ruf der Schweiz die Unterstützung der Auslandgemeinde wie nie zuvor. In Frankreich haben sich die Vertreter der Union der Schweizervereine dieser Aufgabe verschrieben.

In Frankreich ist es derzeit alles andere als einfach, seine Verbundenheit mit der Schweiz zu zeigen.

Zusätzlich zu den üblichen Klischees der Schweiz als Tresor Europas kommen die wiederholten Tadel von vielen linken französischen Politikern, die kein Blatt vor den Mund nehmen.

In diesem schwierigen Umfeld haben sich die Mitglieder der Union der Schweizervereine in Frankreich (UASF) am letzten Wochenende in Roanne nordwestlich von Lyon zu ihrem 51. Jahreskongress getroffen.

Sie zeigten sich bereit, sich der Aufgabe zu stellen. “Das Image der Schweiz steht auf dem Spiel. Das wirkt sich bis in die Auslandgemeinde aus”, konstatierte Jacques-Simon Eggly, Präsident der Auslandschweizer-Organisation (ASO).

“Wir brauchen Kommunikatoren, Botschafter, General- oder Honorarkonsule und Mitglieder der Schweizer Gemeinde, die jeder auf seiner Stufe das Bild der Schweiz verteidigt. Es ist in diesen Zeiten angebracht, das Potenzial der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer nicht schwächer werden zu lassen.”

Die etwa hundert Personen, die sich in einer Halle mit Mauern so rot wie die Schweizer Fahne getroffen haben, befürworteten stillschweigend die Argumente von Ulrich Lehner, Botschafter der Schweiz in Frankreich.

Lehner hatte nicht nur die Konsequenzen der Abschwächung des Bankgeheimnisses erklärt, sondern auch, dass sich die Schweiz aktiv gegen die Geldwäscherei einsetze und Potentatengelder nach rechtlicher Abklärung an betroffene Länder zurückerstatten würde.

Die geopferte Nähe

Aber auch wenn er als Verteidiger der Schweiz grossen Rückhalt erhielt, musste Lehner in seiner Rolle als Vertreter des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) viel Kritik einstecken.

Der Kongress konnte die Sparmassnahmen im Umfang von 500’000 Franken bei der Schweizer Revue, letzten Dezember vom Schweizer Parlament beschlossen, nur beklagen. Anlass zu Klagen gaben auch die Schliessungen von Konsulaten in Frankreich.

Zehn Jahre nach der Schliessung von Annecy, Nizza und Besançon war im April 2008 jenes in Bordeaux – 1798 das erste in Frankreich eröffnete Konsulat – geschlossen worden.

Am Kongress wurde aber nicht nur die fehlende Nähe einer Vertretung bemängelt, sondern auch das fehlende Interesse an Schweizer Vereinen und Klubs. “Das Interesse an Vereinen und Klubs ist auf einem Tiefpunkt”, sagte Serge Lemeslif, Präsident der UASF.

Und Pascal Germann aus Morteau im französischen Jura gab ein Beispiel aus seiner Gegend: “Das Konsulat in Besançon ist seit elf Jahren geschlossen. Natürlich ist das Konsulat in Lyon besser als nichts. Aber sehen Sie die Konsequenzen: Heute bin ich der einzige Vertreter meiner Region.”

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ASO

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) vertritt in der Schweiz die Interessen der rund 650’000 Auslandschweizerinnen und -schweizer. Sie informiert die Landsleute im Ausland über das Geschehen in der Schweiz und bietet ihnen eine breite Palette von Dienstleistungen an. Die 1916 gegründete Organisation wird von rund 750 Schweizervereinen und schweizerischen Institutionen in aller Welt getragen.

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Honorarkonsule als “Phantom”?

Ein weiteres Problem der Schliessung von Konsulaten: Die Präsidenten der Klubs und Vereine in den betroffenen Regionen haben automatisch viel mehr zu tun.

“Die Schweizer Revue, welche die Koordinaten der Präsidenten enthält, wird an alle Schweizerinnen und Schweizer im Ausland verschickt”, erklärte Lemeslif.

“Weil ein Anruf ins Konsulat oder in die Botschaft als komplizierter erachtet wird, greift man eher zum Hörer und ruft den Präsidenten des nächsten Vereins an, in der Hoffnung auf eine Antwort oder auf schnelle Hilfe.”

In diesem Zusammenhang stellte Botschafter Lehner die Idee in den Raum, mit den Präsidenten der in der UASF vertretenen Vereine ein Informations- und Schulungstreffen zu veranstalten. Dieses könnte anlässlich des nächsten Treffens im April 2010 in Troie stattfinden.

Der Botschafter beruhigte auch in der Frage der Rolle der Honorarkonsule, die einer der Kongressteilnehmer als “Phantome” bezeichnete. Michel Failletaz, Generalkonsul in Lyon, ergänzte: “Sie wurden betreffend Beziehungen mit Auslandschweizerklubs sensibilisiert. In der Zukunft sollten wir hier eine Veränderung sehen.”

Erneuerte Delegation

Mit Blick in die Zukunft konnte die UASF ohne Mühe ihre Delegation im Auslandschweizerrat (ASR) erneuern. Dieses repräsentative Organ, das alle vier Jahre neu bestellt wird, ist das Parlament der Fünften Schweiz.

Die Delegation aus Frankreich ist mit 12 Personen das Schwergewicht, denn Frankreich beheimatet die grösste Auslandgemeinde der Schweiz (176’723 Personen gemäss Zahlen aus dem Jahr 2007). Der Jüngste der Gewählten ist Jean-Philippe Ottou (39), Präsident der “Amicale Suisse du Var”.

Der ASR wird sich nächsten August in Luzern erstmals in neuer Zusammensetzung treffen.

Zu diesem Anlass dürfte die ASO ihre neue Plattform im Stil von Facebook präsentieren, die sie derzeit mit verschiedenen Partnern, darunter auch swissinfo, gestaltet.

swissinfo, Carole Wälti, Roanne
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

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Fünfte Schweiz

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Fünfte Schweiz bezeichnet die Gesamtheit der Schweizer Gemeinden im Ausland. Der Begriff Fünfte Schweiz nimmt Bezug auf die vier sprachregionalen Gemeinden der Schweiz (deutsch-, französisch-, italienisch- und romanischsprachige Schweiz). Über 600’000 Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland, der grösste Teil in Ländern der Europäischen Union. Ihre Interessen werden durch die Auslandschweizer-Organisation (ASO) vertreten.

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Am letzten Wochenende im April hat sich die Union der Schweizervereine in Frankreich (UASF) in Roanne (Departement Loire) getroffen. Gastgeber war die Schweizer Union der Region Roannais.

Die UASF ist die Dachorganisation von zahlreichen Schweizer Verbindungen (Amicales, Klubs, Vereine usw.) in Frankreich.

Ihre Rolle ist die Organisation der Repräsentation aller Schweizer Staatsangehörigen in Frankreich und die Vertretung ihrer Interessen und Rechte gegenüber den Schweizer Behörden.

Die UASF bietet auch praktische Lösungen an bei Problemen, die Schweizerinnen und Schweizer in Frankreich antreffen können.

Jedes Jahr organisiert sie Ende April einen Kongress von drei Tagen, an dem auch die Generalversammlung stattfindet.

Der nächste Kongress findet am 23. und 24. April 2010 in Troie statt.

2007 lebte einer von zehn Schweizern im Ausland. Das sind über 668’000 eingetragene Personen.
Frankreich beherbergt die grösste Anzahl Schweizerinnen und Schweizer (176’723 Personen), gefolgt von Deutschland (75’008) und den USA (73’978).
Fast 80% aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in Frankreich heben einen zweiten Pass.
In der Schweiz leben rund 160’000 Französinnen und Franzosen.

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