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Autosalon Genf: Werben mit wenig CO2 statt vielen PS

Nachhaltigkeit für die Freude am Cabriofahren. swissinfo.ch

Klimawandel und endliche Ressourcen: Hellgrün dominiert dieses Jahr die bedeutendste europäische Leistungsschau der internationalen Automobilindustrie, den 78. Autosalon in Genf.

Neben schillernden Supersportwagen und Nobelkarossen stehen verbrauchsoptimierende Technologien, alternative Energiequellen und Kleinwagen im Glanz der Scheinwerfer.

119, 128, 183: Die Zahlen auf dem BMW-Stand fallen auf. Sie benennen nicht die Motorenstärke, sondern den CO2-Ausstoss der auf Energie-Effizienz getrimmten Modelle.

Viele Marken zeigen Elektrofahrzeuge. Deren Präsenz beschränkt sich nicht mehr auf die Nebenhallen. Grün ist definitiv in der Haupthalle, im automobilen Mainstream angekommen.

Gegenseitiges PS-Wettrüsten dominierte die Entwicklung der vergangenen Jahre. Das grössere und leistungsstärkere Auto ist das bessere Auto – das war die Botschaft.

Auch jetzt stehen die TV-Kameras vor den Sportwagen und den hoch gezüchteten, familientauglichen Boliden mit der Beschleunigung eines Kampfflugzeugs.

Doch die Herausforderung liegt längst nicht mehr im Kampf gegen den Luftwiderstand. Die Europäische Union will den CO2-Ausstoss bis 2012 auf 120g/km senken. Das entspricht einem durchschnittlichen Flottenverbrauch von 4,5 Litern auf 100 Kilometer.

Politik der kleinen Schritte

Die meisten real existierenden Fahrzeuge sind davon weit entfernt. Die Industrie geht gegen den Plan auf die Barrikaden und droht mit dem Verlust von Arbeitsplätzen.

Hersteller von kleinen Autos würden bevorzugt, monieren die deutschen Premium-Marken. Unterstützung erhalten sie vom deutschen Umweltminister Sigmar Gabriel. Der Sozialdemokrat ortet einen “Wettbewerbskrieg zwischen der deutschen, der französischen und der italienischen Autoindustrie”.

Es dürfe nicht sein, “dass Länder in der EU die Diskussion bestimmen, die gar keine Autos bauen”, kritisiert Günther Oettinger, Ministerpräsident von Baden Württemberg. Sein Bundesland ist die Heimat von Mercedes und Porsche.

“Die deutschen Hersteller haben den CO2-Verbrauch im Jahr 2007 im Schnitt um 2% gesenkt, die Japaner nur um 0,6 und die Franzosen um 0,8%”, argumentiert Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie.

Neue Technologien noch nicht marktreif

“Die Abkoppelung von fossilen Brennstoffen ist dringend erforderlich”, stellt Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG fest.

Etliche Hersteller stellen in Genf weiter entwickelte Modelle vor, die bei gleicher Leistung und ohne Abstriche bei Sicherheit und Komfort weniger verbrauchen und teilweise alternative Brennstoffe wie Bioethanol oder Erdgas verbrennen. Kleinwagen haben Hochkonjunktur.

Prototypen orientieren über den Stand der industriellen Forschung: Leichtere Batterien mit mehr Autonomie und höherer Leistung, preislich konkurrenzfähige Hybridsysteme und deutlich schadstoffärmere Verbrennungsmotoren sind noch nicht marktreif, werden aber entwickelt.

Logik der Märkte

In Genf erregt der grösste indische Industriekonzern Tato mit seinem Nano Aufsehen. Das Billigstauto für umgerechnet 3000 Franken soll in den Schwellenländern den Aufstieg der Mittelschicht vom Roller auf vier Räder ermöglichen.

Aber auch nach oben ist die Skala offen. Nobelkarossen und Sportwagen sind die grossen Publikumsrenner des Salons und reflektieren genauso treffend die Logik der Wirtschaft wie der Nano.

Er gehe davon aus “dass das Luxussegment noch ein zweistelliges Wachstum hat. Da wollen wir vorne dabei sein”, sagt Ferdinand Piëch, Aufsichtsrats-Vorsitzender der Volkswagen AG.

swissinfo, Andreas Keiser, Genf

Der 78. Internationale Automobilsalon Genf erwartet vom 6. – 16. März mehr als 700’000 Besucherinnen und Besucher.

2008 werden mehr als 130 Welt- und Europa-Premieren gezeigt.

260 Aussteller präsentieren 1000 Marken aus 30 Ländern.

Genf gehört laut der Organisation der Automobil-Hersteller mit den Messen von Frankfurt, Detroit, Paris und Tokyo zu den 5 wichtigsten Veranstaltungen dieser Art.

Frankfurt und Paris finden erst 2009 wieder statt. Deshalb ist Genf der europaweit wichtigste Autosalon in diesem Jahr.

Da die Schweiz kein Herstellerland ist, bietet Genf allen Ausstellern die gleichen Bedingungen. Die Aussteller schätzen das neutrale Terrain.

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