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Banken wünschen sich mehr Liberalisierung in China

Urs Ph. Roth, Chef der Bankiervereinigung, bemüht sich in China zur Zeit um die Öffnung der Märkte. Keystone

Der Chef der Schweizerischen Bankiervereinigung, Urs Ph. Roth, ist gegenwärtig in China. Einerseits stören ihn dort die Hindernisse für ausländische Banken.

Anderseits möchte der Cheflobbyist der Schweizer Banken die chinesischen Banken zum Finanzplatz Schweiz holen.

Der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung, Urs Ph. Roth, bemüht sich in China um eine Marktöffnung für die Schweizer Banken.

Konkrete Resultate oder sogar ein Abkommen sei von der Mission nicht zu erwarten. Es gehe vorerst um die Pflege von Kontakten.

swissinfo: Wo drückt die Schweizer Banken in China der Schuh?

Urs Ph. Roth: Es gibt in China nach wie vor massive Hindernisse für ausländische Banken. Zum Beispiel im Bereich Beteiligungen. So sind Mehrheitsbeteiligungen an chinesischen Firmen durch ausländische Banken nicht möglich. Das ist störend.

Denn man darf sich zwar an Firmen beteiligen, hat aber nicht die volle Kontrolle über die getätigte Investition. Davon gibt es aber auch wieder Ausnahmen. Schwierig ist die Situation auch, was den Aufbau neuer Filialen anbelangt.

swissinfo: Was konkret möchten Sie geändert haben?

UPR: Es gibt immer noch das Erfordernis, dass man in diesem Riesenland nur eine Filiale pro Jahr eröffnen darf! Mehr geht nicht. Jede Filiale wird zudem wie eine eigenständige Firma mit entsprechend notwendiger Kapitalhinterlegung betrachtet. Das bläht das Eigenkapital auf.

Das ist für Schweizer Banken ein gewisser Nachteil, aber nicht matchentscheidend.

swissinfo: Mit dem Börsensystem der Chinesen sind Sie auch nicht zufrieden?

UPR: Ja. China hat ein komplizierteres System von an der Börse gehandelten sogenannten A-Aktien, welche nur in der Landeswährung Renminbi gehandelt werden, und in Dollar gehandelten B-Aktien.

A-Aktien können nur von Chinesen und teils auch durch qualifizierte ausländische institutionelle Anleger gekauft werden. B-Aktien können auch von Ausländern erworben werden.

Wir als Dachverband würden eine Zusammenlegung sehr begrüssen. Zurzeit deutet aber nicht viel darauf hin.

swissinfo: Blockiert sich der chinesische Finanzmarkt damit nicht auch selbst?

UPR: Will ein Finanzplatz international an Bedeutung zulegen, so ist dieser Status Quo auf dem Aktienmarkt in China ganz klar ein Nachteil.

Ich kann aber strikt betonen, dass uns der Schuh im Allgemeinen nicht wahnsinnig drückt und der chinesische Finanzmarkt Schritt für Schritt liberalisiert wird.

Schweizer Banken haben eigentlich gute Geschäftsmöglichkeiten und nutzen diese auch. UBS und Credit Suisse haben sich jedenfalls gut etabliert.

swissinfo: Wie sieht es umgekehrt aus? Wann werden chinesische Banken in der Schweiz Filialen eröffnen?

UPR: Bei uns wird das wohl noch etwas dauern. Aber in Europa gibt es das vereinzelt schon.

So ist die Bank of Communications etwa bereits in Frankfurt und in London. Die Bankiervereinigung hat den Chinesen gesagt, dann kommt doch auch nach Zürich.

swissinfo: Weshalb ermutigen Sie als Chef-Lobbyist der Schweizer Banken auch deren Konkurrenten?

UPR: Weil dies den Finanzplatz Schweiz insgesamt stärkt. Wir haben ja schon lange eine sehr offene Konkurrenzsituation in der Schweiz.

Ein auf Gleichberechtigung ausgerichtetes Reziprozitätserfordernis, bei dem ausländische Banken in der Schweiz nur soweit zugelassen sind wie Schweizer Banken im betreffenden Land, gibt es ja schon lange nicht mehr.

In der Schweiz sind nationale den ausländischen Banken gleichgestellt. Hier kann jeder kann kommen und das zu gleichen Bedingungen. In China ist das nicht der Fall.

swissinfo: Können reiche Chinesen ihr Vermögen in der Schweiz verwalten lassen?

UPR: Nein, das geht nicht. Auch hier gibt es Restriktionen. Das wollen wir auch gar nicht erreichen. Unser Ziel ist es, dass wir Onshore, also hier vor Ort in China, gleich lange Spiesse haben.

swissinfo: Was kann China von den Schweizer Banken lernen?

UPR: Sicher in den Bereichen Wealth Management und Investment Banking. Da ist der Entwicklungsbedarf und das Interesse der Chinesen am Schweizer Fachwissen am grössten. Aber auch in der Ausbildung.

Ich komme gerade von einem in Schanghai lancierten Trainings-Programm, wo es um die höhere Ausbildung von Beamten auf Regierungsebene geht.

China ist aktiv bestrebt, seine Staatsangestellten, welche in den zahlreichen Staatsfirmen tätig sind, zu denen auch viele Banken zählen, besser auszubilden. Da können wir einen Beitrag leisten.

swissinfo – Interview: Fabian Gull in Schanghai

Der Finanzplatz Schweiz trägt knapp 15% zum Bruttoinlandprodukt des Landes bei.

Auf ihn entfallen 16% der gesamten Steuereinnahmen, und er beschäftigt 200’000 Arbeitsplätze (5% aller Beschäftigten).

Damit ist der Finanzplatz der bedeutendste Wirtschaftssektor der Schweiz.

Die Schweizerische Bankiervereinigung (Swissbanking) ist der Spitzenverband des Schweizer Finanzplatzes.

Hauptziel der SBV ist die Beibehaltung und Förderung optimaler Rahmenbedingungen für den Finanzplatz Schweiz im In- und Ausland.

Der Verband vertritt die Interessen der Banken gegenüber Behörden in der Schweiz und im Ausland.

Er fördert das weltweite Image des Finanzplatzes Schweiz.

Er fördert Ausbildung, Information und Erfahrungsaustausch.

Er wurde 1912 als Verein gegründet und zählt heute knapp 784 Mitgliedinstitute.

Aktives Wissen der Bevölkerung in China über die Schweiz:

(% der Bevölkerung in China, Stichprobe)

Uhren: 49,8
Schöne Landschaft: 20,5
Schweizer Banken: 15,7
Skating: 10
Neutralität/Friedenspolitik: 9,7
Schweizer Militärmesser: 7,8
Schokolade: 7,3

(Quelle: idheap, Präsenz Schweiz)

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